
Stream Schauspielhaus Graz
Eleos. Eine Empörung in 36 Miniaturen
von Caren Jeß
Einmalig wird Eleos als Stream exklusiv in den Kammerspielen des Deutschen Theaters zu sehen sein. Das Schauspielhaus Graz hat diesen Theaterfilm auf Grundlage der Inszenierung von Daniel Foerster eigens für die Vorführung im Rahmen der Autor:innentheatertage aufgenommen
Eleos und phobos, Furcht und Mitleid, sind die kathartischen Effekte, die ein tragisches Stück hervorrufen soll, auf dass der Mensch nach dem Theaterbesuch sittlich gereinigt in seine Realität zurückkehre. Neuere Übersetzungen sprechen vom Jammern und Schaudern, was schon weniger edel klingt, vielmehr hinabführt in die Niederungen allzumenschlicher Zuständlichkeiten.
"Or!" Dieser Ausruf der Missstimmung sei "eine der am häufigsten gebrauchten Interjektionen unserer Zeit". Denn wir glauben zwar nicht mehr an die Katharsis, sehnen sie aber herbei, weil wir uns nicht mehr aufregen müssten, wenn wir erst rein wären, vermutet die Autorin Caren Jeß, wohl wissend, wie nah Tragödie und Komödie beieinander liegen. Ihr kathartisches Kurstück (sic!) beschreibt in 36 formal und stilistisch höchst unterschiedlichen kurzen Szenen Gefühlslagen zwischen Niedergeschlagenheit und Jammerei, Angst und Wut, Gewalt und Hass. Ohne sich auf eine politische Agenda oder ein billiges Freund-Feind-Schema festzulegen, ohne den Zeigefinger zu erheben und auf das zu deuten, was in dieser Welt vermeintlich geht oder eben nicht (mehr) geht, seziert sie mit poetischer Einfühlsamkeit und sprachlicher Virtuosität die Empörung an sich. Sie findet Beispiele für die Mechanismen und Kettenreaktionen dahinter und erzählt zutiefst menschenfreundliche Geschichten über hochzivilisierte Individuen am Endpunkt. Jenem Punkt, an dem die Figuren, "sie sind niemand und alle", nicht mehr weiterkönnen oder -wissen, weinend wimmern oder siegesgewiss lächelnd nach unten treten, sich sadistischer Gewalt hingeben oder in Wutstarre verharren.
Eleos und phobos, Furcht und Mitleid, sind die kathartischen Effekte, die ein tragisches Stück hervorrufen soll, auf dass der Mensch nach dem Theaterbesuch sittlich gereinigt in seine Realität zurückkehre. Neuere Übersetzungen sprechen vom Jammern und Schaudern, was schon weniger edel klingt, vielmehr hinabführt in die Niederungen allzumenschlicher Zuständlichkeiten.
"Or!" Dieser Ausruf der Missstimmung sei "eine der am häufigsten gebrauchten Interjektionen unserer Zeit". Denn wir glauben zwar nicht mehr an die Katharsis, sehnen sie aber herbei, weil wir uns nicht mehr aufregen müssten, wenn wir erst rein wären, vermutet die Autorin Caren Jeß, wohl wissend, wie nah Tragödie und Komödie beieinander liegen. Ihr kathartisches Kurstück (sic!) beschreibt in 36 formal und stilistisch höchst unterschiedlichen kurzen Szenen Gefühlslagen zwischen Niedergeschlagenheit und Jammerei, Angst und Wut, Gewalt und Hass. Ohne sich auf eine politische Agenda oder ein billiges Freund-Feind-Schema festzulegen, ohne den Zeigefinger zu erheben und auf das zu deuten, was in dieser Welt vermeintlich geht oder eben nicht (mehr) geht, seziert sie mit poetischer Einfühlsamkeit und sprachlicher Virtuosität die Empörung an sich. Sie findet Beispiele für die Mechanismen und Kettenreaktionen dahinter und erzählt zutiefst menschenfreundliche Geschichten über hochzivilisierte Individuen am Endpunkt. Jenem Punkt, an dem die Figuren, "sie sind niemand und alle", nicht mehr weiterkönnen oder -wissen, weinend wimmern oder siegesgewiss lächelnd nach unten treten, sich sadistischer Gewalt hingeben oder in Wutstarre verharren.
Regie Daniel Foerster
Bühne und Kostüme Mariam Haas, Lydia Huller, Robert Sievert
Musik Jan Preißler
Video Simon Baucks
Dramaturgie Franziska Betz
Stream
10. Juni 2022
Kammerspiele
10. Juni 2022
Kammerspiele
Henriette Blumenau
Oliver Chomik
Nico Link
Alexej Lochmann
Daria von Loewenich
Sarah Sophia Meyer
Raphael Muff
Susanne Konstanze Weber
Timo NeubauerLive-Kamera
Henriette Blumenau, Oliver Chomik, Nico Link, Alexej Lochmann, Daria von Loewenich, Sarah Sophia Meyer, Raphael Muff, Susanne Konstanze Weber
Timo Neubauer
Live-Kamera
nachtkritik
Was die acht Darstellerinnen und Darsteller leisten, ist gewaltig.
"Timo Neubauer, der [die Kamera] führt, ist eigentlich Hauptperson in einem beispiellos atemlosen, aber minutiös synchronisierten Spektakel. […] Was die acht Darstellerinnen und Darsteller leisten, ist gewaltig. Es herrscht ja sagenhaft viel Turbulenz auf kleinstem Raum, und doch finden immer die richtigen Leute zusammen oder durchs richtige Türl hinein und heraus. Es wird heftig gerappt, getanzt, geturnt. Die Musik ist allgegenwärtig, das legt die Musikalität von Caren Jeß‘ Sprache nahe. Die Exaltiertheit, die Grimasse – das hat System, ist Stilmittel."
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Süddeutsche Zeitung
"Klein, aber fein ist ‚Eleos. Eine Empörung in 36 Miniaturen‘ von Caren Jeß […]. Der junge Regisseur Daniel Foerster entdeckt darin vor allem viel Humor. Er verortet die kapriziöse Sprachpartitur ganz konkret in einem Wellnesstempel, in dem er ein spielfreudiges Ensemble aus acht Schauspielerinnen und Schauspielern sich als grell überschminkte griechische Gottheiten aufführen lässt."
"Klein, aber fein ist ‚Eleos. Eine Empörung in 36 Miniaturen‘ von Caren Jeß […]. Der junge Regisseur Daniel Foerster entdeckt darin vor allem viel Humor. Er verortet die kapriziöse Sprachpartitur ganz konkret in einem Wellnesstempel, in dem er ein spielfreudiges Ensemble aus acht Schauspielerinnen und Schauspielern sich als grell überschminkte griechische Gottheiten aufführen lässt."
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Theater heute
"Im Haus zwei, der kleinen Bühne des Grazer Schauspielhauses, hat das Ausstattungs-Team (Mariam Haas, Lydia Huller, Robert Sievert) mit ein paar Kulissenwänden eine Wellness-Oase skizziert, die teils nur per Live-Video einsehbar ist […] Die Szenen sind exakt durchkomponiert, manche sehen typografisch wie konkrete Poesie aus […]. Auf die Bühne lassen sich solche formalen Eigenheiten nicht wirklich übertragen; der Inszenierung gelingt es dennoch weitgehend, die stilistische Raffinesse und den feinen Witz der Vorlage herauszuarbeiten. Besonders gelungen sind die Szenen, die chorisch aufgelöst werden."
"Im Haus zwei, der kleinen Bühne des Grazer Schauspielhauses, hat das Ausstattungs-Team (Mariam Haas, Lydia Huller, Robert Sievert) mit ein paar Kulissenwänden eine Wellness-Oase skizziert, die teils nur per Live-Video einsehbar ist […] Die Szenen sind exakt durchkomponiert, manche sehen typografisch wie konkrete Poesie aus […]. Auf die Bühne lassen sich solche formalen Eigenheiten nicht wirklich übertragen; der Inszenierung gelingt es dennoch weitgehend, die stilistische Raffinesse und den feinen Witz der Vorlage herauszuarbeiten. Besonders gelungen sind die Szenen, die chorisch aufgelöst werden."
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Kleine Zeitung
"[Caren] Jeß hat gewitzte Sprachmusik gezaubert, […] [Daniel] Foerster spinnt diese weiter und legt – mehr mitteilsam als poetisch – in jeder Miniatur einen pointierten Plot frei. […] Dabei setzt sich das große und grandios spielwütige Ensemble in jeder Szene in Szene, als wär’s seine letzte. So werden auf dem wut-roten Faden theatrale Miniaturen aufgefädelt, die in Summe funktionieren wie Tiktok-Kunst: Sie machen süchtig."
"[Caren] Jeß hat gewitzte Sprachmusik gezaubert, […] [Daniel] Foerster spinnt diese weiter und legt – mehr mitteilsam als poetisch – in jeder Miniatur einen pointierten Plot frei. […] Dabei setzt sich das große und grandios spielwütige Ensemble in jeder Szene in Szene, als wär’s seine letzte. So werden auf dem wut-roten Faden theatrale Miniaturen aufgefädelt, die in Summe funktionieren wie Tiktok-Kunst: Sie machen süchtig."
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Kronen Zeitung
"Daniel Foerster verstärkt den ohnehin starken Text mit seiner Inszenierung, indem er die Figuren zu Gottheiten ihrer eigenen Unzulänglichkeiten macht, die in ihrer Wellness-Welt stets nach der Kamera suchen, um sich selbst und ihre Wut inszenieren zu können. Ein tolles Ensemble macht diesen Abend zu einem rundum gelungenen Theatererlebnis!"
"Daniel Foerster verstärkt den ohnehin starken Text mit seiner Inszenierung, indem er die Figuren zu Gottheiten ihrer eigenen Unzulänglichkeiten macht, die in ihrer Wellness-Welt stets nach der Kamera suchen, um sich selbst und ihre Wut inszenieren zu können. Ein tolles Ensemble macht diesen Abend zu einem rundum gelungenen Theatererlebnis!"
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