Zeiten des Aufruhrs

nach dem Roman von Richard Yates
Musik und Komposition Olaf Casimir, Christian von der Goltz, Bill Petry
Choreographie Yan Revazov
Licht Matthias Vogel
Dramaturgie Anika Steinhoff
Premiere
28. Februar 2019, Deutsches Theater
Maren EggertApril Wheeler
Alexander KhuonFrank Wheeler
Kathleen MorgeneyerMilly Campbell
Christoph FrankenShep Campbell
Judith HofmannHelen Givings
Helmut MooshammerHoward Givings / Bart Pollock
Ole LagerpuschJohn Givings
Maike KnirschMaureen Grube
Caner SunarRegisseur / Jack Ordway
Olaf Casimir (Bass), Bill Petry (Trompete), Christian von der Goltz (Piano)Band
Jelena Alempijevic, Rebekka Böhme, Aaron Carey-Burrows, Melissa Ferrari, Samantha Franchini, Beatrice Gantzhorn, Ina Gercke, Anna Graue, Laurenz Knill, Sarah Lauks, Gerardo Mussuto, Erica Passante, Nina Philipp, Ortrun StanzelTänzer_innen
Timon Fink, Fritz MüllerKinder der Wheelers
April Wheeler
Frank Wheeler
Milly Campbell
Shep Campbell
Helen Givings
Howard Givings / Bart Pollock
John Givings
Maureen Grube
Regisseur / Jack Ordway
Olaf Casimir (Bass), Bill Petry (Trompete), Christian von der Goltz (Piano)
Band
Jelena Alempijevic, Rebekka Böhme, Aaron Carey-Burrows, Melissa Ferrari, Samantha Franchini, Beatrice Gantzhorn, Ina Gercke, Anna Graue, Laurenz Knill, Sarah Lauks, Gerardo Mussuto, Erica Passante, Nina Philipp, Ortrun Stanzel
Tänzer_innen
Timon Fink, Fritz Müller
Kinder der Wheelers
Süddeutsche Zeitung
Anna Fastabend, 06.03.2019
Steckel, die gerne Romanadaptionen inszeniert, hat das Potenzial dieses Stoffs erkannt, der mit seinem eindrücklich geschilderten Geschlechterkampf und der Rebellion einer Frau gegen die Selbstaufgabe fast eins zu eins in die Gegenwart übertragen werden kann. [...]

Maren Eggert und Alexander Khuon verkörpern dieses Paar auf wunderbar konträre Weise.  Eggerts April ist kein zerbrechliches Wesen, sondem eine stolze, zupackende Frau, die im Holzfällerhemd den Rasenmähertraktor über die Bühne steuert, während Khuons Frank mit einer Kiste Pflanzensetzlingen wie ein gut aussehender, aber völlig planloser Nichtsnutz in der Gegend herumsteht. [...]

Überhaupt spielt Khuon diesen Frank als doppelgesichtigen Charakter, der in einem Moment Schwiegermutters Liebling ist und im nächsten zum manipulativen Choleriker wird, der seine Frau zusammenbrüllt und ihr, als sie ihm davon berichtet, dass sie abtreiben will, sogar die geistige Gesundheit abspricht. [...]

Steckel stellt den Niedergang dieser Ehe wirklichkeitsgetreu dar. Inmitten von Cheeseburger- und Eiersalatartys –selbstverständlich von April hergerichtet –und jeder Menge Whiskey und "Sex OnThe Beach"-Cocktails mit Schirmchen folgt ein Schlagabtausch nach dem nächsten, so unerbittlich und vernichtend, wie man ihn von langjährigen Beziehungen kennt. [...]

Helmut Mooshammer ist als altväterliche Ratschläge erteilender Chef im Nadelstreifenanzug die perfekte Karikatur eines Businessman. Eine sinnvolle Setzung, die einen die Ereignisse aus Aprils und Franks subjektiver Perspektive erleben lässt.

Auch das von Florian Lösche entworfene Bühnenbild ist alles andere als naturalistisch. Es besteht aus gigantischen Leuchtbuchstaben, die das Setting abwechselnd in bonbonbuntes, eisblaues oder blutrotes Licht tauchen. Im Hintergrund agierende Tänzer stellen diese Buchstaben zu immer neuen Worten auf. Mal zu einem sich im Kreis drehenden "Home Sweet Home", dann zu einem statischen "Show". Dieser abstrakten Kulisse ist es auch zu verdanken, dass die von Klavier, Bass und Trompete untermalte Inszenierung nicht in Hollywoodkitsch abrutscht, sondern zu einer mitreißenden Sozialkritik geworden ist.
Steckel, die gerne Romanadaptionen inszeniert, hat das Potenzial dieses Stoffs erkannt, der mit seinem eindrücklich geschilderten Geschlechterkampf und der Rebellion einer Frau gegen die Selbstaufgabe fast eins zu eins in die Gegenwart übertragen werden kann. [...]

Maren Eggert und Alexander Khuon verkörpern dieses Paar auf wunderbar konträre Weise.  Eggerts April ist kein zerbrechliches Wesen, sondem eine stolze, zupackende Frau, die im Holzfällerhemd den Rasenmähertraktor über die Bühne steuert, während Khuons Frank mit einer Kiste Pflanzensetzlingen wie ein gut aussehender, aber völlig planloser Nichtsnutz in der Gegend herumsteht. [...]

Überhaupt spielt Khuon diesen Frank als doppelgesichtigen Charakter, der in einem Moment Schwiegermutters Liebling ist und im nächsten zum manipulativen Choleriker wird, der seine Frau zusammenbrüllt und ihr, als sie ihm davon berichtet, dass sie abtreiben will, sogar die geistige Gesundheit abspricht. [...]

Steckel stellt den Niedergang dieser Ehe wirklichkeitsgetreu dar. Inmitten von Cheeseburger- und Eiersalatartys –selbstverständlich von April hergerichtet –und jeder Menge Whiskey und "Sex OnThe Beach"-Cocktails mit Schirmchen folgt ein Schlagabtausch nach dem nächsten, so unerbittlich und vernichtend, wie man ihn von langjährigen Beziehungen kennt. [...]

Helmut Mooshammer ist als altväterliche Ratschläge erteilender Chef im Nadelstreifenanzug die perfekte Karikatur eines Businessman. Eine sinnvolle Setzung, die einen die Ereignisse aus Aprils und Franks subjektiver Perspektive erleben lässt.

Auch das von Florian Lösche entworfene Bühnenbild ist alles andere als naturalistisch. Es besteht aus gigantischen Leuchtbuchstaben, die das Setting abwechselnd in bonbonbuntes, eisblaues oder blutrotes Licht tauchen. Im Hintergrund agierende Tänzer stellen diese Buchstaben zu immer neuen Worten auf. Mal zu einem sich im Kreis drehenden "Home Sweet Home", dann zu einem statischen "Show". Dieser abstrakten Kulisse ist es auch zu verdanken, dass die von Klavier, Bass und Trompete untermalte Inszenierung nicht in Hollywoodkitsch abrutscht, sondern zu einer mitreißenden Sozialkritik geworden ist.
Deutschlandfunk
Barbara Behrendt, 01.03.2019
Maren Eggert und Alexander Khuon sind das Zentrum dieses psychologischen Spiels über den Selbstbetrug eines Paares, das sich für etwas Besonderes hält: nicht geschaffen für das stromlinienförmige Vorstadtleben mit Kindern und Cocktailpartys. Eggert gibt ihre April unnahbar, schroff, innerlich verzweifelt – nichts Mädchenhaftes liegt in ihr. Khuons Frank probiert sich mit vielen klugen Worten in einer Bodenständigkeit, die seine Furcht vor dem Unbeherrschbaren überdecken soll. [...]

In der Bühnenmitte sitzt ein Jazz-Trio, das dem Abend seine nostalgisch-melancholische Whiskey-Atmosphäre verleiht. Das berührendste Lied aber gehört Maren Eggert. [...]

So manches hat sich seit 1955 verändert, doch das Rollenbild der Frau zwischen Karriere, Selbstverwirklichung und Mutter ist nach wie vor spannungsreich. Steckel belässt den Roman deshalb in seiner Zeit und schaltet von Tragödie auf Komödie, sobald es um das konformistische Gesellschaftspanorama geht, um die tratschsüchtigen Nachbarn, die oberflächlich flötende Maklerin. [...]

Und doch ist der Abend mit seinem feinsinnigen Schauspielduo in den Hauptrollen oft beklemmend. Nicht zuletzt, wenn April nach dem "schönen Frühstück", das sie Frank bereitet hat, das Blut zwischen den Beinen herabrinnt.
Maren Eggert und Alexander Khuon sind das Zentrum dieses psychologischen Spiels über den Selbstbetrug eines Paares, das sich für etwas Besonderes hält: nicht geschaffen für das stromlinienförmige Vorstadtleben mit Kindern und Cocktailpartys. Eggert gibt ihre April unnahbar, schroff, innerlich verzweifelt – nichts Mädchenhaftes liegt in ihr. Khuons Frank probiert sich mit vielen klugen Worten in einer Bodenständigkeit, die seine Furcht vor dem Unbeherrschbaren überdecken soll. [...]

In der Bühnenmitte sitzt ein Jazz-Trio, das dem Abend seine nostalgisch-melancholische Whiskey-Atmosphäre verleiht. Das berührendste Lied aber gehört Maren Eggert. [...]

So manches hat sich seit 1955 verändert, doch das Rollenbild der Frau zwischen Karriere, Selbstverwirklichung und Mutter ist nach wie vor spannungsreich. Steckel belässt den Roman deshalb in seiner Zeit und schaltet von Tragödie auf Komödie, sobald es um das konformistische Gesellschaftspanorama geht, um die tratschsüchtigen Nachbarn, die oberflächlich flötende Maklerin. [...]

Und doch ist der Abend mit seinem feinsinnigen Schauspielduo in den Hauptrollen oft beklemmend. Nicht zuletzt, wenn April nach dem "schönen Frühstück", das sie Frank bereitet hat, das Blut zwischen den Beinen herabrinnt.
Kulturradio vom rbb
Frank Dietschreit, 01.03.2019
Maren Eggert und Alexander Khuon sind keine Doubles von Kate Winslet und Leonardo DiCaprio sein. Sie machen ihr eigenes Ding, schwitzen und tanzen, streiten, lieben hassen, sind keine glamourösen und smarten, sondern hart arbeitende Theater-Berserker [...].

Die Schlussworte gehören dann John (Ole Lagerpusch), der – anders als im Roman – in die Gedanken von Frank hineinschlüpft und dessen Empfindungen ausspricht. Ein schön-verwirrender Kunstgriff von Jette Steckel: Fantasie und Realität werden eins, das Verrückte wird zur Normalität. Während sich der Vorhang senkt, singt John (auch das eine Erfindung von Jette Steckel) einen Song über die Revolutionary Road und die vergebliche Suche nach Wahrheit.
Maren Eggert und Alexander Khuon sind keine Doubles von Kate Winslet und Leonardo DiCaprio sein. Sie machen ihr eigenes Ding, schwitzen und tanzen, streiten, lieben hassen, sind keine glamourösen und smarten, sondern hart arbeitende Theater-Berserker [...].

Die Schlussworte gehören dann John (Ole Lagerpusch), der – anders als im Roman – in die Gedanken von Frank hineinschlüpft und dessen Empfindungen ausspricht. Ein schön-verwirrender Kunstgriff von Jette Steckel: Fantasie und Realität werden eins, das Verrückte wird zur Normalität. Während sich der Vorhang senkt, singt John (auch das eine Erfindung von Jette Steckel) einen Song über die Revolutionary Road und die vergebliche Suche nach Wahrheit.
Spiegel Online
Wolfgang Höbel, 01.03.2019
Natürlich hat Steckel mit ihrer Botschaft Recht: Die Bewohner der spätkapitalistischen Welt mögen sich noch so viel darauf zugutehalten, dass Frauen seit Mitte der Fünfzigerjahre freier über ihr Leben und ihren Leib bestimmen können, von einer revolutionären Neuordnung der gesellschaftlichen Grundstrukturen kann keine Rede sein. [...] 

Stark und berührend ist Jette Steckels Inszenierung immer dann, wenn sie Abstand zum Beziehungsnahkampf sucht. Dann sieht man April und Frank mit den nervigen Gute-Laune-Nachbarn (Kathleen Morgeneyer und Christoph Franken) auf einer vernebelten Tanzfläche mit langhaarigen Geistererscheinungen tanzen. Man staunt über den Schauspieler Ole Lagerpusch in der Rolle des angeblich psychisch kranken, mit Weisheit begabten Nachbarsohns John, der wie ein Heiliger auftritt. Oder man hört und schaut einem lässigen Musikertrio dabei zu, wie sie mit Trompete, Klavier und Bass vorzüglichen Barjazz spielen, während die Vorstadtbewohner an einer Kellertheke Cocktails schlürfen. 
Natürlich hat Steckel mit ihrer Botschaft Recht: Die Bewohner der spätkapitalistischen Welt mögen sich noch so viel darauf zugutehalten, dass Frauen seit Mitte der Fünfzigerjahre freier über ihr Leben und ihren Leib bestimmen können, von einer revolutionären Neuordnung der gesellschaftlichen Grundstrukturen kann keine Rede sein. [...] 

Stark und berührend ist Jette Steckels Inszenierung immer dann, wenn sie Abstand zum Beziehungsnahkampf sucht. Dann sieht man April und Frank mit den nervigen Gute-Laune-Nachbarn (Kathleen Morgeneyer und Christoph Franken) auf einer vernebelten Tanzfläche mit langhaarigen Geistererscheinungen tanzen. Man staunt über den Schauspieler Ole Lagerpusch in der Rolle des angeblich psychisch kranken, mit Weisheit begabten Nachbarsohns John, der wie ein Heiliger auftritt. Oder man hört und schaut einem lässigen Musikertrio dabei zu, wie sie mit Trompete, Klavier und Bass vorzüglichen Barjazz spielen, während die Vorstadtbewohner an einer Kellertheke Cocktails schlürfen. 
Berliner Morgenpost
Katrin Pauly, 03.03.2019
Es ist ein visuell überzeugendes und vom Bühnenbildner Florian Lösche elegant umgesetztes Setting in dem Regisseurin Jette Steckel am Deutschen Theater die Verzweiflung eines Paares an ihrer Mittelmäßigkeit durchbuchstabiert. [...] Jette Steckel hat ein Starensemble am Start. Neben Alexander Khuon als Frank und Maren Eggert als April ist die Inszenierung in allen Rollen hochkarätig besetzt. 

[...] Jette Steckel verzichtet auf deutliche Aktualisierung, aber sie verschiebt die Perspektive. Der Roman ist vorwiegend aus der Sicht von Frank erzählt, Steckel macht April zur relevanteren Figur dieser Story die damit stärker auch zu einer Geschichte über Geschlechterrollen und gescheiterte Emanzipation wird. [...]  Außerdem platzieren etwa Kathleen Morgeneyer und Christoph Franken in der Rolle der Campbells von nebenan ein paar sehr schöne Spießigkeitsminiaturen, ebenso wie Judith Hofmann und Helmut Mooshammer als Ehepaar Givings. Einen glanzvollen Auftritt legt Ole Lagerpusch hin als psychisch kranker Givings-Sohn John, der mit raunend-schräger Klarsichtigkeit die Brüchigkeit der wheelerschen Selbsverwirklichungsambitionen durchschaut.
Es ist ein visuell überzeugendes und vom Bühnenbildner Florian Lösche elegant umgesetztes Setting in dem Regisseurin Jette Steckel am Deutschen Theater die Verzweiflung eines Paares an ihrer Mittelmäßigkeit durchbuchstabiert. [...] Jette Steckel hat ein Starensemble am Start. Neben Alexander Khuon als Frank und Maren Eggert als April ist die Inszenierung in allen Rollen hochkarätig besetzt. 

[...] Jette Steckel verzichtet auf deutliche Aktualisierung, aber sie verschiebt die Perspektive. Der Roman ist vorwiegend aus der Sicht von Frank erzählt, Steckel macht April zur relevanteren Figur dieser Story die damit stärker auch zu einer Geschichte über Geschlechterrollen und gescheiterte Emanzipation wird. [...]  Außerdem platzieren etwa Kathleen Morgeneyer und Christoph Franken in der Rolle der Campbells von nebenan ein paar sehr schöne Spießigkeitsminiaturen, ebenso wie Judith Hofmann und Helmut Mooshammer als Ehepaar Givings. Einen glanzvollen Auftritt legt Ole Lagerpusch hin als psychisch kranker Givings-Sohn John, der mit raunend-schräger Klarsichtigkeit die Brüchigkeit der wheelerschen Selbsverwirklichungsambitionen durchschaut.
Der Tagesspiegel
Christine Wahl, 03.03.2019
Bühnenbildner Florian Lösche hat das Szenario mit lauter überdimensionalen, beweglichen Lettern gefüllt, die manchmal einfach als Raumteiler fungieren, gern aber auch zu Signal-Vokabular à la "Show" oder den englischen Personalpronomen "she", "he" und "me" angeordnet werden: sie, er und ich. Das sieht so stylish aus wie in "Schöner wohnen" und illustriert perfekt die gähnende Leere, von der bei Yates immer wieder die Rede ist. 

Ole Lagerpusch hat als vermeintlich geisteskranker, de facto aber einzig wahr sprechender Vollbart-Träger der Vorstadt-Ödnis mindestens den Auftritt seines bisherigen DT-Lebens, wenn nicht mehr: Die Konzentration, Genauigkeit und Ruhe, die durch schmerzhafte Eruptionsenergie-Unterdrückung so sichtlich hart erkauft ist und mit der er den Wheelers auf den Kopf zusagt, was mit ihnen los ist [...].
Bühnenbildner Florian Lösche hat das Szenario mit lauter überdimensionalen, beweglichen Lettern gefüllt, die manchmal einfach als Raumteiler fungieren, gern aber auch zu Signal-Vokabular à la "Show" oder den englischen Personalpronomen "she", "he" und "me" angeordnet werden: sie, er und ich. Das sieht so stylish aus wie in "Schöner wohnen" und illustriert perfekt die gähnende Leere, von der bei Yates immer wieder die Rede ist. 

Ole Lagerpusch hat als vermeintlich geisteskranker, de facto aber einzig wahr sprechender Vollbart-Träger der Vorstadt-Ödnis mindestens den Auftritt seines bisherigen DT-Lebens, wenn nicht mehr: Die Konzentration, Genauigkeit und Ruhe, die durch schmerzhafte Eruptionsenergie-Unterdrückung so sichtlich hart erkauft ist und mit der er den Wheelers auf den Kopf zusagt, was mit ihnen los ist [...].
kultura-extra.de
Stefan Bock, 03.03.2019
In sehr emotional geführter, fast schon toxischer Kommunikation zerfleischen sich die an ihren einstigen Träumen verzweifelnden Wheelers. Als zusätzlicher Katalysator im Aufzeigen von Lebenslügen fungiert hier der schön verhuscht spielende Ole Lagerpusch mit Hipsterbart. In sehr emotional geführter, fast schon toxischer Kommunikation zerfleischen sich die an ihren einstigen Träumen verzweifelnden Wheelers. Als zusätzlicher Katalysator im Aufzeigen von Lebenslügen fungiert hier der schön verhuscht spielende Ole Lagerpusch mit Hipsterbart.
taz
René Hamann, 04.03.2019
Die Bühne von Florian Lösche setzt auf große Buchstaben, die von "Set" über "Home Sweet Home" über Buchstabensalat zur "Show" kommen, es gibt Live-Jazz, der für Stil und Zeitbezug sorgt, es gibt ein flottes Ineinander der Szenen, das einen Film und Roman immer mal wieder vergessen lässt [...]. Die Bühne von Florian Lösche setzt auf große Buchstaben, die von "Set" über "Home Sweet Home" über Buchstabensalat zur "Show" kommen, es gibt Live-Jazz, der für Stil und Zeitbezug sorgt, es gibt ein flottes Ineinander der Szenen, das einen Film und Roman immer mal wieder vergessen lässt [...].
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Simon Strauss, 05.03.2019
In Richard Yates 1961 erschienenem Debütroman "Zeiten des Aufruhrs", den Jette Steckel jetzt in der Übersetzung von Hans Wolf für die große Bühne des Deutschen Theaters in Berlin adaptiert hat, schleicht sich das Unglück langsam heran, versteckt sich zunächst hinter selbstsicherer Gesellschaftskritik "Keiner träumt mehr von irgendwas, alles gefällt sich in kleiner bequemer Mittelmäßigkeit", ruft der Angestellte Frank entrüstet und fragt rhetorisch: "Wie dekadent kann eine Gesellschaft eigentlich werden?" Und seine als Schauspielerin gründlich gescheiterte Ehefrau entgegnet: "Niemand vergisst die Wahrheit, die Leute werden nur besser im Lügen." In Richard Yates 1961 erschienenem Debütroman "Zeiten des Aufruhrs", den Jette Steckel jetzt in der Übersetzung von Hans Wolf für die große Bühne des Deutschen Theaters in Berlin adaptiert hat, schleicht sich das Unglück langsam heran, versteckt sich zunächst hinter selbstsicherer Gesellschaftskritik "Keiner träumt mehr von irgendwas, alles gefällt sich in kleiner bequemer Mittelmäßigkeit", ruft der Angestellte Frank entrüstet und fragt rhetorisch: "Wie dekadent kann eine Gesellschaft eigentlich werden?" Und seine als Schauspielerin gründlich gescheiterte Ehefrau entgegnet: "Niemand vergisst die Wahrheit, die Leute werden nur besser im Lügen."
Berliner Zeitung
Ulrich Seidler, 28.03.2019
Die Eheszenen im Hause Wheeler nehmen eine organische Entwicklung bis zum Überschlag ins Irrationale und Irreparable. [...]

Die Selbstverwirklichung wird zum Zwang, Paarbeziehungen und Familienbindungen, ganz zu schweigen von Verhältnissen in Beruf und Karriere, verlieren die Fesseln der sittlichen Verbindlichkeit. [...]

In Steckels Inszenierung gibt es einen leeren Raum mit ein paar Leuchtbuchstaben, die als Designermöbel fungieren und schicke Null-Botschaften versenden. [...]

In einem dramaturgischen Geniestreich koppelt Steckel die Wheeler'sche Ehekatastrophe als jenes Laientheaterstück zurück: Ein gespenstisch idyllisches Frühstück, das dieser Katastrophe vorausgeht, führen die Schauspieler am Beginn des Abends als Laien auf und am Ende "erleben" sie das Frühstück wie ein déjà vu als handelnde Figuren.
Die Eheszenen im Hause Wheeler nehmen eine organische Entwicklung bis zum Überschlag ins Irrationale und Irreparable. [...]

Die Selbstverwirklichung wird zum Zwang, Paarbeziehungen und Familienbindungen, ganz zu schweigen von Verhältnissen in Beruf und Karriere, verlieren die Fesseln der sittlichen Verbindlichkeit. [...]

In Steckels Inszenierung gibt es einen leeren Raum mit ein paar Leuchtbuchstaben, die als Designermöbel fungieren und schicke Null-Botschaften versenden. [...]

In einem dramaturgischen Geniestreich koppelt Steckel die Wheeler'sche Ehekatastrophe als jenes Laientheaterstück zurück: Ein gespenstisch idyllisches Frühstück, das dieser Katastrophe vorausgeht, führen die Schauspieler am Beginn des Abends als Laien auf und am Ende "erleben" sie das Frühstück wie ein déjà vu als handelnde Figuren.

Außerdem im Spielplan

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Mit englischen Übertiteln

Forever Yin Forever Young

Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
19.30 - 22.10