Verkommenes Ufer Medeamaterial Landschaft mit Argonauten | Mommsens Block

von Heiner Müller
Bühne und Kostüme Mark Lammert
Sounddesign Martin Person
Dramaturgie Claus Caesar
Mitarbeit Regie und Dramaturgie Fabiane Kemmann
Premiere 13. November 2011
Margit Bendokat
Wolfram Koch
Almut Zilcher
Frankfurter Rundschau
Ulrich Seidler, 15.11.2011
Der müllertreue Bulgare Gotscheff leiht dem Dichter postumen Atem: und die Spieler stellen ihre Leiber als Posaunen zur Verfügung. Und was für Posaunen das sind! Lasset uns singen: Gepriesen sei Wolfram Koch – ein Kraftpaket aus Gedankenwucht, Testosteron und Spiel-Listigkeit! Er nagt die Flüche mit Rattenzähnen aus der Finsternis und lässt sein Bewusstsein einmal durch alle Abgründe sacken, bevor ihm das Wort "Gott" wieder einfällt. Es regne Segen aus Almut Zilcher! Diese herrliche, vom Leben angefressene Theatergöttin, beglaubigt umstandslos jeden Blutdurst und jeden Herzbruch. Ein Halleluja auf Margit Bendokat! Diese hochwürdige Hausmeister-Erscheinung verballert noch die abgehobenste Dichtung als proletarisches Kalaschnikow-Gekicher. Amen und bis zum nächsten Mal, liebe Müller-Gemeinde. Der müllertreue Bulgare Gotscheff leiht dem Dichter postumen Atem: und die Spieler stellen ihre Leiber als Posaunen zur Verfügung. Und was für Posaunen das sind! Lasset uns singen: Gepriesen sei Wolfram Koch – ein Kraftpaket aus Gedankenwucht, Testosteron und Spiel-Listigkeit! Er nagt die Flüche mit Rattenzähnen aus der Finsternis und lässt sein Bewusstsein einmal durch alle Abgründe sacken, bevor ihm das Wort "Gott" wieder einfällt. Es regne Segen aus Almut Zilcher! Diese herrliche, vom Leben angefressene Theatergöttin, beglaubigt umstandslos jeden Blutdurst und jeden Herzbruch. Ein Halleluja auf Margit Bendokat! Diese hochwürdige Hausmeister-Erscheinung verballert noch die abgehobenste Dichtung als proletarisches Kalaschnikow-Gekicher. Amen und bis zum nächsten Mal, liebe Müller-Gemeinde.
Tip Theater
Peter Laudenbach, 13.11.2011
Kein Regisseur, Heiner Müller eingeschlossen, dürfte so viele Müller-Stücke inszeniert haben wie Gotscheff (Branchen-Name Gott Chef). Und meistens hat er dabei zusammen mit seinen tollen Schauspielern (Margit Bendokat! Almut Zichler! Wolfram Koch! Samuel Finzi!) für Müllers hermetische Texte überraschend frische, zwingende szenische Lösungen gefunden. Kein Regisseur, Heiner Müller eingeschlossen, dürfte so viele Müller-Stücke inszeniert haben wie Gotscheff (Branchen-Name Gott Chef). Und meistens hat er dabei zusammen mit seinen tollen Schauspielern (Margit Bendokat! Almut Zichler! Wolfram Koch! Samuel Finzi!) für Müllers hermetische Texte überraschend frische, zwingende szenische Lösungen gefunden.
Mannheimer Morgen
Frank Dietschreit, 16.11.2011
Gotscheff hat ein einfaches wie mutiges Konzept: absolute Reduktion auf das einzelne Wort, totale Konzentration auf die Schauspieler. Die Bühne ist nackt, schwarz und leer, der Boden ist aufgerissen, gibt den Blick frei in den Theater-Unterbau und in die Folterkammern der Geschichte. Mit Almut Zichler, Margit Bendokat und Wolfram Koch stehen gleich drei der allerbesten deutschen Mimen auf der Bühne: Jede Silbe und jedes Wort lassen die sich auf der Zunge zergehen, für jedes noch so sperrige Wortungetüm und für jede obszöne Bemerkung finden sie die passende Geste. Sie halten die Balance zwischen pathetischen Ernst und selbstironischer Distanz, tragen knallbunte Schuhe, grinsen wie böse Clowns, die am Abgrund der Apokalypse stehen und trotzdem noch ihre Späße machen. Almut Zichler ist als Medea eine übergeschnappte Psychopathin, Wolfram Koch ein von Weltekel erfüllter Jason, Margit Bendokat ein fieser und feister Kobold der Geschichtsverweigerung: Ihr mit Berliner Schnauze vorgetragener Bericht über 'Mommsens Block' setzt dem abgründig komischen und ergreifenden Abend die rhetorische Krone auf. Gotscheff hat ein einfaches wie mutiges Konzept: absolute Reduktion auf das einzelne Wort, totale Konzentration auf die Schauspieler. Die Bühne ist nackt, schwarz und leer, der Boden ist aufgerissen, gibt den Blick frei in den Theater-Unterbau und in die Folterkammern der Geschichte. Mit Almut Zichler, Margit Bendokat und Wolfram Koch stehen gleich drei der allerbesten deutschen Mimen auf der Bühne: Jede Silbe und jedes Wort lassen die sich auf der Zunge zergehen, für jedes noch so sperrige Wortungetüm und für jede obszöne Bemerkung finden sie die passende Geste. Sie halten die Balance zwischen pathetischen Ernst und selbstironischer Distanz, tragen knallbunte Schuhe, grinsen wie böse Clowns, die am Abgrund der Apokalypse stehen und trotzdem noch ihre Späße machen. Almut Zichler ist als Medea eine übergeschnappte Psychopathin, Wolfram Koch ein von Weltekel erfüllter Jason, Margit Bendokat ein fieser und feister Kobold der Geschichtsverweigerung: Ihr mit Berliner Schnauze vorgetragener Bericht über 'Mommsens Block' setzt dem abgründig komischen und ergreifenden Abend die rhetorische Krone auf.
SWR 2 Journal am Abend
Ina Beyer, 14.11.2011
"Heiner Müllers Texte schreiben sich selber auf die Bühne, durch das Sprechen, durch die Schauspieler hindurch" sagt der Dramaturg Helmut Schäfer. Wenn Dimiter Gotscheff Heiner Müller inszeniert, geschieht genau das: man sieht Müllers Texte, in dem man sie hört. Die Sprache öffnet Räume und Bilder, weckt Assoziationen und Deutungen. So auch diesmal. Worte kaum mehr und nicht weniger als Worte beherrschen den Abend.
"Das einzige, was ein Kunstwerk kann, zitierte Müller gern Jean Genet, ist Sehnsucht wecken nach einem anderen Zustand der Welt. Und diese Sehnsucht ist revolutionär." Seine Texte sind es unbedingt – diese Inszenierung ist es nur bedingt. Und doch stellt Gotscheff immer wieder die richtigen Fragen, und wenn Margit Bendokat ihnen eine Stimme gibt, dann spürt man dieses schmerzliche Verlangen.
"Heiner Müllers Texte schreiben sich selber auf die Bühne, durch das Sprechen, durch die Schauspieler hindurch" sagt der Dramaturg Helmut Schäfer. Wenn Dimiter Gotscheff Heiner Müller inszeniert, geschieht genau das: man sieht Müllers Texte, in dem man sie hört. Die Sprache öffnet Räume und Bilder, weckt Assoziationen und Deutungen. So auch diesmal. Worte kaum mehr und nicht weniger als Worte beherrschen den Abend.
"Das einzige, was ein Kunstwerk kann, zitierte Müller gern Jean Genet, ist Sehnsucht wecken nach einem anderen Zustand der Welt. Und diese Sehnsucht ist revolutionär." Seine Texte sind es unbedingt – diese Inszenierung ist es nur bedingt. Und doch stellt Gotscheff immer wieder die richtigen Fragen, und wenn Margit Bendokat ihnen eine Stimme gibt, dann spürt man dieses schmerzliche Verlangen.
Deutschlandradio Kultur
Michael Laages, 13.11.2011
Vor allem dank Margit Bendokat ist dieses Finale Schmuckstück pur; noch einmal lädt Müllers Text hier ein, lustvoll ganz und gar verschütt gehen zu wollen zwischen Worten und Sätzen, Bedeutung und Phantasie. Den ganzen Hass und die ganze Heiterkeit, Einsicht und Verzweiflung des Dramatikers zwingen Bendokat und Gottscheff hier in den schwerst mäandernden Text; Zilcher und Koch haben der Kollegin zuvor demonstrativ die Daumen gedrückt und sitzen jetzt mit im Zuschauerraum. Vor allem dank Margit Bendokat ist dieses Finale Schmuckstück pur; noch einmal lädt Müllers Text hier ein, lustvoll ganz und gar verschütt gehen zu wollen zwischen Worten und Sätzen, Bedeutung und Phantasie. Den ganzen Hass und die ganze Heiterkeit, Einsicht und Verzweiflung des Dramatikers zwingen Bendokat und Gottscheff hier in den schwerst mäandernden Text; Zilcher und Koch haben der Kollegin zuvor demonstrativ die Daumen gedrückt und sitzen jetzt mit im Zuschauerraum.

Außerdem im Spielplan

Mit englischen Übertiteln
von Rainald Goetz
Regie: Claudia Bossard
DT Kontext: Im Anschluss an die Vorstellung Vortrag und Gespräch mit Rainald Goetz
DT Bühne
19.30 - 21.50
Wiederaufnahme
Mit englischen Übertiteln

Forever Yin Forever Young

Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
20.00 - 22.40