
Judith
von Friedrich Hebbel
In Hebbels erstem Drama – die Geschichte entnahm er dem apokryphen 'Buch Judith' im Alten Testament – ermordet die "jungfräuliche Witwe" Judith den von größenwahnsinnigen Machtgefühlen bestimmten assyrischen Feldherren Holofernes und rettet ihr Volk Israel damit vor der Vernichtung. Die Heldin kehrt heim und die Priester loben den Gott, der Judith geführt hat. Der damals 26-jährige Dichter interessiert sich für den Zusammenhang von Innen- und Außenleben. Oder vielmehr für deren Widerspruch. Judith war von Holofernes berauscht und angezogen, wurde jedoch von ihm vergewaltigt. So ist die nach Außen gottgläubige Tyrannenmörderin in ihrem Inneren von Selbstzweifeln geplagt, kann die Enthauptung Holofernes nicht als "reinen" Auftrag Gottes sehen. Judith sehnte sich nach sinnlicher Erfüllung, doch als Befreierin ihres Volkes muss sie die eigenen, ihrem Wesen entsprechenden Grenzen überschreiten und das Ziel ihres Begehrens vernichten. Außerdem stellt sie durch die Tat ihre Würde wieder her. Hier überlagern sich die Motive für den Mord. Judith hat "das Rechte aus unrechten Gründen" getan. So ist der Tat eine objektive Rechtfertigung genommen. Judith zerbricht. Neben dem Kampf der Geschlechter, den Hebbel in fast allen seinen Dramen zum Thema macht, geht es ihm um die Idee der Menschheit selbst. Es soll nicht nur das Verhältnis der Charaktere zur Idee, sondern die "Berechtigung der Idee selbst debattiert" werden.
"Die Judith der Bibel kann ich nicht brauchen. Dort ist Judith eine Witwe, die den Holofernes durch List und Schlauheit in's Netz lockt; sie freut sich, als sie seinen Kopf im Sack hat und singt und jubelt vor und mit ganz Israel drei Monde lang. Das ist gemein; eine solche Natur ist ihres Erfolgs gar nicht würdig [...]. Meine Judith wird durch ihre That paralysirt; sie erstarrt vor der Möglichkeit, einen Sohn des Holofernes zu gebären; es wird ihr klar, daß sie über die Gränzen hinaus gegangen ist, daß sie mindestens das Rechte aus unrechten Gründen gethan hat", so Friedrich Hebbel in seinem Tagebuch 1872.
"Die Judith der Bibel kann ich nicht brauchen. Dort ist Judith eine Witwe, die den Holofernes durch List und Schlauheit in's Netz lockt; sie freut sich, als sie seinen Kopf im Sack hat und singt und jubelt vor und mit ganz Israel drei Monde lang. Das ist gemein; eine solche Natur ist ihres Erfolgs gar nicht würdig [...]. Meine Judith wird durch ihre That paralysirt; sie erstarrt vor der Möglichkeit, einen Sohn des Holofernes zu gebären; es wird ihr klar, daß sie über die Gränzen hinaus gegangen ist, daß sie mindestens das Rechte aus unrechten Gründen gethan hat", so Friedrich Hebbel in seinem Tagebuch 1872.
Premiere 18. März 2011
Elias Arens

Harald Baumgartner

Alexander KhuonHolofernes

Bernd Moss

Matthias Neukirch
Heiko Raulin
Katharina Marie SchubertJudith

Aenne Schwarz
Bernd Stempel

Außerdem im Spielplan
Mit englischen Übertiteln
Weltall Erde Mensch
Eine unwahrscheinliche Reise von Alexander Eisenach und Ensemble
Regie: Alexander Eisenach
DT Bühne
19.00 - 22.40
BERLIN-PREMIERE
Mit englischen Übertiteln
Kammer
19.30 - 21.15
Ausverkauft
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Alexander Khuons Holofernes ist weder Ungeheuer noch Triebtäter des Massensmords, eher ein fast lebensmüder Dandy der Tyrannei: Seine Schlächtereien vollzieht er im nonchalanten Handumdrehen, wie angewidert von mickriger Umgebung: Kein würdiger Gegner weit und breit.
Schön auch, wie die Jammergestalten der Bethulier eine lebendige Gruppenskulptur à la Rodin bilden: Die Wut- und Dreckbürger von Calais. Fern jeglicher Überlebensgröße präsentiert sich die Judith von Katharina-Marie Schubert: als, junge, zerrissene Frau im Kampf um ihre Identität – und erreicht dabei bemerkenswerte, gleichsam vibrierende Eindringlichkeit. In ihrem Herzen muss sie die Frau in sich besiegen, muss zum Mann werden, fähig der großen Tat, die eine Untat ist. Die neue ‚Judith‘ des Deutschen Theaters in Berlin, inszeniert von Andreas Kriegenburg, wirkt sehr gelungen. Sie nötigt Respekt ab vor der konzeptuellen Leistung, verlangt und erzwingt in ihrem präzisen Sprachduktus hohe Aufmerksamkeit. Die wesentlichen Erzählstränge der Geschichte sind vorhanden, auch die sonst häufig ausgesparten Volksszenen. Kriegenburgs Regie wagt den Spagat zwischen Zeitgenossenschaft und zeitlosen emotionalen Konflikten.
Alexander Khuons Holofernes ist weder Ungeheuer noch Triebtäter des Massensmords, eher ein fast lebensmüder Dandy der Tyrannei: Seine Schlächtereien vollzieht er im nonchalanten Handumdrehen, wie angewidert von mickriger Umgebung: Kein würdiger Gegner weit und breit.
Schön auch, wie die Jammergestalten der Bethulier eine lebendige Gruppenskulptur à la Rodin bilden: Die Wut- und Dreckbürger von Calais. Fern jeglicher Überlebensgröße präsentiert sich die Judith von Katharina-Marie Schubert: als, junge, zerrissene Frau im Kampf um ihre Identität – und erreicht dabei bemerkenswerte, gleichsam vibrierende Eindringlichkeit. In ihrem Herzen muss sie die Frau in sich besiegen, muss zum Mann werden, fähig der großen Tat, die eine Untat ist.