Jede Stadt braucht ihren Helden

von Philipp Löhle
Bühne und Kostüme Sigi Colpe
Dramaturgie Ulrich Beck
Uraufführung 20. Mai 2015
Timo WeisschnurDaniel
Christoph FrankenJörg
Lisa HrdinaAlma
Wiebke MollenhauerElla
Eric WehlanTyp (Schauspielstudent der UdK im 3. Studienjahr)
Typ (Schauspielstudent der UdK im 3. Studienjahr)
Berliner Zeitung
Dirk Pilz, 22.05.2015
Der gesamte neunzigminütige Abend findet zu einer Spielmixtur, in der das breitpinselige Szenenausmalen in schöner Widerspenstigkeit auf hingetupftes Andeuten trifft. Ein Aquarell mit dem Bleistift. (...) In Löhles Stück steht alles auf brüchigem Boden, jede Handlung nimmt die schlimmstkomische Wendung: Menschen im Dauerkippelzustand. Daniela Löffner macht daraus passenderweise ein Pende-Spiel-Stück. Jeder hat hier sein eigenes Figuren-reich. Wiebke Mollenhauer weiß sehr spitz und kühl ihre Ella zu umschlendern, Lisa Hrdina ihre Alma umweglos zu herzen, Christoph Franken geht seinem Jörg zuweilen an die Gurgel, Timo Weisschnur kumpelt seinen Superhelden-Daniel ins Groteske. Der gesamte neunzigminütige Abend findet zu einer Spielmixtur, in der das breitpinselige Szenenausmalen in schöner Widerspenstigkeit auf hingetupftes Andeuten trifft. Ein Aquarell mit dem Bleistift. (...) In Löhles Stück steht alles auf brüchigem Boden, jede Handlung nimmt die schlimmstkomische Wendung: Menschen im Dauerkippelzustand. Daniela Löffner macht daraus passenderweise ein Pende-Spiel-Stück. Jeder hat hier sein eigenes Figuren-reich. Wiebke Mollenhauer weiß sehr spitz und kühl ihre Ella zu umschlendern, Lisa Hrdina ihre Alma umweglos zu herzen, Christoph Franken geht seinem Jörg zuweilen an die Gurgel, Timo Weisschnur kumpelt seinen Superhelden-Daniel ins Groteske.
kultura-extra.de
Stefan Bock, 24.05.2015
Das spielfreudige Ensemble hängt sich mit Körper, Stimme und viel Elan mächtig rein. Superheld Daniel stemmt sich gegen einen Zug aus Müllsäcken, rettet Leben, verteilt Deo, Klopapier und Hustenbonbons. Dazu schmachtet Eric Carmen sein "All By Myself" vom Band. Doch die romantischen Träume platzen wie die aufgeblasenen Luftballons und die Würde des Menschen ist wieder antastbar. (...) Die Realität lässt sich nicht aussperren. Wir sind gemeint und gefordert im alltäglichen Leben. Zumindest das will uns Philipp Löhles Stück über modernes Real-Life-Heldentum sagen. Das spielfreudige Ensemble hängt sich mit Körper, Stimme und viel Elan mächtig rein. Superheld Daniel stemmt sich gegen einen Zug aus Müllsäcken, rettet Leben, verteilt Deo, Klopapier und Hustenbonbons. Dazu schmachtet Eric Carmen sein "All By Myself" vom Band. Doch die romantischen Träume platzen wie die aufgeblasenen Luftballons und die Würde des Menschen ist wieder antastbar. (...) Die Realität lässt sich nicht aussperren. Wir sind gemeint und gefordert im alltäglichen Leben. Zumindest das will uns Philipp Löhles Stück über modernes Real-Life-Heldentum sagen.
Die deutsche Bühne
Elena Philipp, 21.05.2015
Das Genre? Ein ambitionierter Hybrid aus gesellschaftskritischem Plädoyer und Kleinkriminellenkomödie mit Actionanteilen. Regisseurin Daniela Löffner und das spielfreudige Ensemble holen eine Menge heraus aus diesem Text über "Sicherheit, Freiheit und Angst", wie es im Programmheft heißt. Alma (zwischen zerrüttetem Mauerblümchen und energiestrotzend-bewunderndem Heldenliebchen: Lisa Hrdina) ist am Ende mit ihren Nerven, nachdem sie aus dem Aktenschrank im Büro hilflos mit angehört hat, wie ihr als Einbrecher versagender Chef Jörg (mal jovialer Mittelständler, mal bedrohlicher Basecap-Proll: Christoph Franken) von einem ranghöheren Gangster gefoltert wird. Eric Wehlan als gegelter Anzugträger quetscht Christoph Franken die dick verbundenen Finger, bis das Blut durch den Verband suppt. Alma wird panisch, fühlt Ameisen wimmeln, Feuer brennen – und dann produziert ihr gemartertes Hirn die rettende Übersprungsphantasie: Daniel (Normalo-Schluffi mit Glamourpotential: Timo Weisschnur) tritt herein und verwandelt sich in "Veto", eine Figur zwischen verbrechensbekämpfendem Vigilanten und stahlhartem Superheld. In Wirklichkeit duckt er sich feige weg, statt seinem Chef zur Hilfe zu kommen. In Almas Vorstellung aber – träumerisch in blaues Licht getaucht – reißt er sich das T-Shirt vom wohlgeformten Leib, ein glitzernd getaptes "V" auf seiner Brust. Das Genre? Ein ambitionierter Hybrid aus gesellschaftskritischem Plädoyer und Kleinkriminellenkomödie mit Actionanteilen. Regisseurin Daniela Löffner und das spielfreudige Ensemble holen eine Menge heraus aus diesem Text über "Sicherheit, Freiheit und Angst", wie es im Programmheft heißt. Alma (zwischen zerrüttetem Mauerblümchen und energiestrotzend-bewunderndem Heldenliebchen: Lisa Hrdina) ist am Ende mit ihren Nerven, nachdem sie aus dem Aktenschrank im Büro hilflos mit angehört hat, wie ihr als Einbrecher versagender Chef Jörg (mal jovialer Mittelständler, mal bedrohlicher Basecap-Proll: Christoph Franken) von einem ranghöheren Gangster gefoltert wird. Eric Wehlan als gegelter Anzugträger quetscht Christoph Franken die dick verbundenen Finger, bis das Blut durch den Verband suppt. Alma wird panisch, fühlt Ameisen wimmeln, Feuer brennen – und dann produziert ihr gemartertes Hirn die rettende Übersprungsphantasie: Daniel (Normalo-Schluffi mit Glamourpotential: Timo Weisschnur) tritt herein und verwandelt sich in "Veto", eine Figur zwischen verbrechensbekämpfendem Vigilanten und stahlhartem Superheld. In Wirklichkeit duckt er sich feige weg, statt seinem Chef zur Hilfe zu kommen. In Almas Vorstellung aber – träumerisch in blaues Licht getaucht – reißt er sich das T-Shirt vom wohlgeformten Leib, ein glitzernd getaptes "V" auf seiner Brust.
nachtkritik.de
Katharina Röben, 20.05.2015
Löhle unterfüttert die Kleinkriminellen-Geschichte mit einer Collage aus anderen Delikten: Spielhallenüberfälle, Brandstiftung, ermordete Rentnerinnen. Es sind Geschichten, die von Aggression, Angst und Gewalt zeugen. Wie üblich bedient sich Löhle eines gesellschaftskritischen Themas, statt um Globalisierung wie in 'Das Ding', von Löffner 2011 ebenfalls in die Box gesetzt, geht's diesmal um Sicherheit und Gewalt. (...) Poetisch wird die rohe Umgangssprache in den Monologmomenten, wenn Daniel über die Würde des Menschen philosophiert oder Alma die Erfindung des Eigentums erklärt. Lisa Hrdina ist diese Dritte im Bunde und Kollegin von Jörg und Daniel, die sich im Verlauf des Stückes in ihre eigenen vier Wände und in ihre Fantasie flüchtet.

Löffner gelingt es, dem Text, in dem zwischen den Zeilen der erhobene Zeigefinger lauert, die Leichtigkeit zu bewahren. Dazu beschwert sie ihn mit Kitschklischees, um diese so zu überhöhen, dass sie ironisch brechen und neue Komik freisetzen. Wichtigstes Requisit kommt dabei von oben: Sigi Colpe hat die gesamte Decke über der Bühne mit großen schwarzen Müllsäcken behangen. Diese werden zum Mitspieler, wenn Daniel endlich seine wahre Identität enthüllt: Blaues Licht, Klaviermusik, Daniel reißt sich das T-Shirt vom Leib und enthüllt ein blau glitzerndes V auf seinem nackten Oberkörper. Bei Nacht nenne er sich "Veto". Das Orchester spielt auf, gewaltige Geigen, es klingt nach Abenteuerfilm. Veto schleudert den bösen Unbekannten (Eric Wehlan) durch die Luft, vollführt eine abstrus komische Zaubershow-Einlage, hält einen heranrasenden Zug aus Müllsäcken auf und versorgt Bedürftige wahlweise mit Deo, Hustenbons oder Klopapier.
Löhle unterfüttert die Kleinkriminellen-Geschichte mit einer Collage aus anderen Delikten: Spielhallenüberfälle, Brandstiftung, ermordete Rentnerinnen. Es sind Geschichten, die von Aggression, Angst und Gewalt zeugen. Wie üblich bedient sich Löhle eines gesellschaftskritischen Themas, statt um Globalisierung wie in 'Das Ding', von Löffner 2011 ebenfalls in die Box gesetzt, geht's diesmal um Sicherheit und Gewalt. (...) Poetisch wird die rohe Umgangssprache in den Monologmomenten, wenn Daniel über die Würde des Menschen philosophiert oder Alma die Erfindung des Eigentums erklärt. Lisa Hrdina ist diese Dritte im Bunde und Kollegin von Jörg und Daniel, die sich im Verlauf des Stückes in ihre eigenen vier Wände und in ihre Fantasie flüchtet.

Löffner gelingt es, dem Text, in dem zwischen den Zeilen der erhobene Zeigefinger lauert, die Leichtigkeit zu bewahren. Dazu beschwert sie ihn mit Kitschklischees, um diese so zu überhöhen, dass sie ironisch brechen und neue Komik freisetzen. Wichtigstes Requisit kommt dabei von oben: Sigi Colpe hat die gesamte Decke über der Bühne mit großen schwarzen Müllsäcken behangen. Diese werden zum Mitspieler, wenn Daniel endlich seine wahre Identität enthüllt: Blaues Licht, Klaviermusik, Daniel reißt sich das T-Shirt vom Leib und enthüllt ein blau glitzerndes V auf seinem nackten Oberkörper. Bei Nacht nenne er sich "Veto". Das Orchester spielt auf, gewaltige Geigen, es klingt nach Abenteuerfilm. Veto schleudert den bösen Unbekannten (Eric Wehlan) durch die Luft, vollführt eine abstrus komische Zaubershow-Einlage, hält einen heranrasenden Zug aus Müllsäcken auf und versorgt Bedürftige wahlweise mit Deo, Hustenbons oder Klopapier.

Außerdem im Spielplan

Eine Inszenierung des DT Jung*

Im Spiegelsaal

nach der Graphic Novel von Liv Strömquist
Regie: Katharina Bill
Box
19.30 - 21.05
Ausverkauft
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Wiederaufnahme
Mit englischen Übertiteln
von Lukas Bärfuss
Regie: András Dömötör
DT Bühne
20.00 - 21.10