
Eine Inszenierung des Jungen DT
Hool
nach dem Roman von Philipp Winkler
"Ich stehe im Bad und betrachte mein Spiegelbild. Es wird von den Rissen im Glas verzerrt und ich muss mich drauf konzentrieren, die Teile wie ein Puzzle in meinem Kopf zusammenzusetzen. Ich sehe mich an. Nicht das Mutantenspiegelbild, sondern das zusammengesetzte, echte Puzzle-Ich. "Gut gemacht", wiederhole ich und versuche, mir so in die Augen zu sehen, als ob hinter dem Spiegel eine echte Person stünde, die man loben müsste."
Der Blick in den Spiegel nach dem letzten Match offenbart ein angeschlagenes Leben, das endgültig auseinander zu fallen droht. Das Fundament war nie sonderlich stabil: Eine wirkliche Familie gab es in Heikos Leben nicht. Die Mutter lässt die Kinder beim alkoholkranken Vater zurück. Ihm hat Heiko nichts mehr zu sagen und auch bei den Frauen in seinem Leben, seiner Schwester Manuela und bei Ex-Freundin Yvonne, fehlten ihm die Worte. Sie sind in seinem Kopf, kommen aber nicht heraus.
Sehr präsent sind jedoch Poborsky und Bigfoot, zwei Kampfhunde und der Geier Siegfried. Um die kümmert sich Heiko und um Heiko kümmert sich Onkel Axel, Patriarch der Hooliganszene. Vor allem aber sind da die Jugendfreunde: Kai, Ulf, Jojo. Außer dem einen, der fehlt. Mit seinen Blutsbrüdern schlägt er sich durch für das, was ihm alles ist: Hannover 96, die Hools, ihr Mythos und die dritte Halbzeit nach dem Spiel. Mit unbändigem, toxischem Zorn führt Heiko einen immer einsameren Kampf, als seine Ersatzfamilie erwachsen wird und andere Wege wählt.
Adrian Figueroa verlagert das Drama in einen klaustrophobischen Kopfraum und splittet die Hauptfigur auf: Vier erwachsene Spieler und vier Kinder erzählen, wie Heiko der wurde, der er ist. Wie der Tunnelblick einsetzt und die Wut zum Motor wird, um etwas festzuhalten, was längst verloren ist.
Vielen Dank an Judith Hofmann für das Einsprechen der Rolle Manuela.
Der Blick in den Spiegel nach dem letzten Match offenbart ein angeschlagenes Leben, das endgültig auseinander zu fallen droht. Das Fundament war nie sonderlich stabil: Eine wirkliche Familie gab es in Heikos Leben nicht. Die Mutter lässt die Kinder beim alkoholkranken Vater zurück. Ihm hat Heiko nichts mehr zu sagen und auch bei den Frauen in seinem Leben, seiner Schwester Manuela und bei Ex-Freundin Yvonne, fehlten ihm die Worte. Sie sind in seinem Kopf, kommen aber nicht heraus.
Sehr präsent sind jedoch Poborsky und Bigfoot, zwei Kampfhunde und der Geier Siegfried. Um die kümmert sich Heiko und um Heiko kümmert sich Onkel Axel, Patriarch der Hooliganszene. Vor allem aber sind da die Jugendfreunde: Kai, Ulf, Jojo. Außer dem einen, der fehlt. Mit seinen Blutsbrüdern schlägt er sich durch für das, was ihm alles ist: Hannover 96, die Hools, ihr Mythos und die dritte Halbzeit nach dem Spiel. Mit unbändigem, toxischem Zorn führt Heiko einen immer einsameren Kampf, als seine Ersatzfamilie erwachsen wird und andere Wege wählt.
Adrian Figueroa verlagert das Drama in einen klaustrophobischen Kopfraum und splittet die Hauptfigur auf: Vier erwachsene Spieler und vier Kinder erzählen, wie Heiko der wurde, der er ist. Wie der Tunnelblick einsetzt und die Wut zum Motor wird, um etwas festzuhalten, was längst verloren ist.
Vielen Dank an Judith Hofmann für das Einsprechen der Rolle Manuela.
Regie Adrian Figueroa
Ausstattung Irina Schicketanz
Musik Miguel Toro
Video Adrian Figueroa, Philipp Figueroa
Dramaturgie Birgit Lengers
Premiere
1. Dezember 2018, Box
1. Dezember 2018, Box
Christoph Franken

Sascha Göpel

Liou Kleemann

Jeremy Mockridge

Friedrich von Schönfels

Oskar von Schönfels

Loris Sichrovsky

Caner Sunar

Christoph Franken, Sascha Göpel, Liou Kleemann, Jeremy Mockridge, Friedrich von Schönfels, Oskar von Schönfels, Loris Sichrovsky, Caner Sunar
Teaser: Adrian und Philipp Figueroa
Im Podcast berichtet Regisseur Adrian Figueroa, was ihn an diesem Stoff interessiert hat, welche Schwerpunkte er bei seiner Inszenierung setzt und was für ihn und sein Ensemble bei den Proben die Themen waren. Außerdem erzählt er von seinen Theaterarbeiten in Berliner Gefängnissen.
Außerdem im Spielplan
Mit englischen Übertiteln
Weltall Erde Mensch
Eine unwahrscheinliche Reise von Alexander Eisenach und Ensemble
Regie: Alexander Eisenach
DT Bühne
19.00 - 22.40
BERLIN-PREMIERE
Mit englischen Übertiteln
Kammer
19.30 - 21.15
Ausverkauft
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Evtl. Restkarten an der Abendkasse
Ihre Gewalt nur zerstört auf Dauer natürlich mehr, als ihnen lieb ist. Deshalb lässt Figueroa sie in einem schwarz-weißen Projektionskasten agieren, über dessen Wände dauerhaft Störzeichen flackern, während für ihre heilen Kindheitsträume vier Schüler in einem bunten Kinderzimmer auftauchen, das an die Rückwand gebaut wie ein Hologramm aus dem Nichts erscheint. Toll gemacht, toll gespielt. Präzise, energiegeladene Acht-Männer-Sprechathletik, zu der Regisseur Adrian Figueroa den Hooligan-Roman "Hool" von Philipp Winkler in der DT-Box gestaucht hat. Gestaucht im Textumfang [...]. Dafür aber ausgefaltet in der Erzählfigur Heiko und seiner Viererclique, die sich ihre Texte brüderlich teilen. Völlig in Ordnung ist das in dieser Gemeinschaft aus Hannover-96-Fans, die nicht nur zu den Hardcore-Ultras zählen, sondern zu denen, die sich vor einem Spiel mit den Fans der Gegner heimliche Ackerschlachten liefern. [...]
Ihre Gewalt nur zerstört auf Dauer natürlich mehr, als ihnen lieb ist. Deshalb lässt Figueroa sie in einem schwarz-weißen Projektionskasten agieren, über dessen Wände dauerhaft Störzeichen flackern, während für ihre heilen Kindheitsträume vier Schüler in einem bunten Kinderzimmer auftauchen, das an die Rückwand gebaut wie ein Hologramm aus dem Nichts erscheint. Toll gemacht, toll gespielt.
[...]
In der Box geht es [...] um die medial am häufigsten abgewatschte Seite - die Hooligan-Kultur, für die sich der Kommerzfußball stets etwas schämt.
Grundlage ist Philipp Winklers viel gelobter Roman "Hool", der 2016 bei Aufbau erschien. Winkler schildert darin überzeugend die Adrenalinschübe, die beim physischen Aufeinanderprall feindlicher Fußballfan-Horden vor oder nach dem eigentlichen Spiel ihrer Mannschaften auf irgendwelchen Lichtungen,
Industriebrachen oder aufgegebenen Gewerbegebieten durch die Blutbahnen der Kämpfer schießen.
Regisseur Adrian Figueroa wollte schon länger ein Stück zum Thema "Adrenalin" machen. Ihm hatte ein Schauspieler des Berliner Knasttheaters aufBruch, mit dem Figueroa im Gefängnis arbeitete, berichtet, dass die Adrenalinschübe bei seiner allerersten Theaterpremiere hinter Gittern vergleichbar seien mit dem Rauschzustand, in dem er sich bei seinem allerersten Banküberfall befunden hatte.
Der Rausch, der Kick, die Chemie im Körper, die Hirn und Herz in Ausnahmezustand versetzt - das ist dann auch das zentrale Thema von "Hool". In seinem Buch beschreibt Winkler sehr präzise die Vorbereitung auf den Kampf, etwa das Einsetzen des Zahnschutzes. Beeindruckend schildert er, was dann abgeht, wenn sich die Gestalten und Gesichter der Gegner näher kommen. Wie die Lust wächst, genau da rein zu schlagen. Wie man verschmilzt mit den anderen aus der eigenen Horde. Wie der Schmerz, den die Schläge, die man abbekommt, neuerliche Hormonausschüttungen produziert.
[...]
Für "Hool" ließ Regisseur Figueroa einen halbtransparenten Kasten bauen. Darin wird im gleißenden Licht das Kampfgeschehen zur Projektion, zum Film, zum Bewusstseinsstrom. Das ist keine schlechte Lösung; denn die verbale Gewalt wird auf diese Art und Weise gerahmt. Sie wird verstärkt, und sie bleibt doch pur, denn sie wird nicht verwässert von soziologischen Herleitungen.
[...]
Gut funktioniert das Zusammenspiel der vier Schauspieler des Erwachsenen-Ensembles des Theaters mit den vier Kindern und Jugendlichen des Jungen DT. Man hätte nicht gedacht, dass so ein Satz mal fällt im Deutschen Theater: "Joel Seidel Fußballgott". Und was heißt schon fällt? Der wird gebrüllt, skandiert, viele Male wiederholt. Zugegeben, dieser Ruf schallt nur über die Bühne der Box, der kleinsten Spielstätte des DT, aber er kommt trotzdem etwas überraschend.
[...]
In der Box geht es [...] um die medial am häufigsten abgewatschte Seite - die Hooligan-Kultur, für die sich der Kommerzfußball stets etwas schämt.
Grundlage ist Philipp Winklers viel gelobter Roman "Hool", der 2016 bei Aufbau erschien. Winkler schildert darin überzeugend die Adrenalinschübe, die beim physischen Aufeinanderprall feindlicher Fußballfan-Horden vor oder nach dem eigentlichen Spiel ihrer Mannschaften auf irgendwelchen Lichtungen,
Industriebrachen oder aufgegebenen Gewerbegebieten durch die Blutbahnen der Kämpfer schießen.
Regisseur Adrian Figueroa wollte schon länger ein Stück zum Thema "Adrenalin" machen. Ihm hatte ein Schauspieler des Berliner Knasttheaters aufBruch, mit dem Figueroa im Gefängnis arbeitete, berichtet, dass die Adrenalinschübe bei seiner allerersten Theaterpremiere hinter Gittern vergleichbar seien mit dem Rauschzustand, in dem er sich bei seinem allerersten Banküberfall befunden hatte.
Der Rausch, der Kick, die Chemie im Körper, die Hirn und Herz in Ausnahmezustand versetzt - das ist dann auch das zentrale Thema von "Hool". In seinem Buch beschreibt Winkler sehr präzise die Vorbereitung auf den Kampf, etwa das Einsetzen des Zahnschutzes. Beeindruckend schildert er, was dann abgeht, wenn sich die Gestalten und Gesichter der Gegner näher kommen. Wie die Lust wächst, genau da rein zu schlagen. Wie man verschmilzt mit den anderen aus der eigenen Horde. Wie der Schmerz, den die Schläge, die man abbekommt, neuerliche Hormonausschüttungen produziert.
[...]
Für "Hool" ließ Regisseur Figueroa einen halbtransparenten Kasten bauen. Darin wird im gleißenden Licht das Kampfgeschehen zur Projektion, zum Film, zum Bewusstseinsstrom. Das ist keine schlechte Lösung; denn die verbale Gewalt wird auf diese Art und Weise gerahmt. Sie wird verstärkt, und sie bleibt doch pur, denn sie wird nicht verwässert von soziologischen Herleitungen.
[...]
Gut funktioniert das Zusammenspiel der vier Schauspieler des Erwachsenen-Ensembles des Theaters mit den vier Kindern und Jugendlichen des Jungen DT.
Fast wie Fremdkörper wirken deshalb die kurzen Momente, in denen laute Gewalt in diesen sonst so leisen Abend hineinbricht: die Video-Einspieler von Adrian und Philipp Figueroa, die hektisch im Hintergrund flackern, die kurzen Schlachtrufe, die das Ensemble in seinen schwarzen Hoodies grölt, und die Stand-Up-Einlage von Mockridge, der wie auf Speed einen aufgekratzten Sportreporter parodiert, tagesaktuell und fachkundig die Champions League-Achtelfinal-Auslosung kommentiert [...] Bei Hooligans auf der Bühne vermutet man Schlägereien, harte Wortgefechte, Punchlines und Biergeruch, auf jeden Fall pures Adrenalin. Deshalb ist der Zugang von Figueroa überraschend: wie schon in Stress setzt er vor allem auf lange, sehr ruhig gesprochene Monologe. Hool hat unerwartet viele sehr stille Momente. Im Zentrum steht nicht die Wut von Heiko und seinen Kumpels, die nach und nach entweder die Kurve kriegten oder derart krankenhausreif geschlagen wurden, dass sie sich eines Besseren besannen. Im Mittelpunkt steht die Tristesse von Heikos Leben, aus der er flieht, "die ganze Trostlosigkeit der hier gezeichneten Testosteronwelt", die Julia Encke bei ihrer FAS-Rezension über eine Lesung aus Philipp Winklers Roman beeindruckte.
Fast wie Fremdkörper wirken deshalb die kurzen Momente, in denen laute Gewalt in diesen sonst so leisen Abend hineinbricht: die Video-Einspieler von Adrian und Philipp Figueroa, die hektisch im Hintergrund flackern, die kurzen Schlachtrufe, die das Ensemble in seinen schwarzen Hoodies grölt, und die Stand-Up-Einlage von Mockridge, der wie auf Speed einen aufgekratzten Sportreporter parodiert, tagesaktuell und fachkundig die Champions League-Achtelfinal-Auslosung kommentiert [...]
Die vier Spieler (Christoph Franken, Sascha Göpel, Jeremy Mockridge, Caner Sunar) bewältigen die Rolle – und alle anderen zitierten – mit viel Energie und mancher Nuance. Sie zeichnen das zersplitterte Bild eines Getriebenen, verletzlich, kindlich, brutal, manisch, ein lebender, durchs Leben taumelnder Widerspruch. Nur selten ist seine Welt ganz hell, oft steht er in gezackten, puzzleartigen Lichtfenstern, Menschfragmente im Ausnahmezustand. Den der Abend treffend einfängt: Die vier Heikos sind dauerangespannt, stets am Rand des Berstens – was sich am eindrucksvollsten und unmittelbarsten in einer eigentlich redundant erscheinenden Szene zeigt, in der Mockridge sich durch eine Pokalauslosung improvisiert und dabei jeden Moment droht, komplett die Kontrolle über sich und seine Situation zu verlieren. Da verwandelt sich das Lachen urplötzlich in Schrecken, der dann unkomfortabel wieder weggelacht werden muss.
Heiko ist gefangen in sich, der aseptische weiße Raum, der sich immer wieder schwärzt und von Störlinien durchzogen ist, ist sein Inneres, ein weißes Blatt, das er nicht ausgemalt bekommt, sondern nur verdunkelt. Bunt ist ausschließlich die Vergangenheit. Die verbirgt sich hinter einer vermeintlichen quadratischen weißen Platte an der Rückwand, die sich als Kinderzimmer entpuppt, Ort der Jugendträume Heikos und seiner Freunde. [...]
Und so vermischen sich Gegenwart und Vergangenheit, schleichen die jugendlichen Alter Egos, dargestellt von vier jugendlichen Spielern (Liou Kleemann, Friedrich von Schönfels, Oskar von Schönfels und Loris Sichrovsky) zu ihren älteren Pendants. [...] wie Heiko einst die Fan-Kutte des Alkoholiker-Vaters begehrte, streifen die Jungen nun die Hoodies der Älteren über, ein unseliges Erbe unaufgearbeiteter Vermächtnisse. [...]
Es ist ein Verdienst des Abends, dass er trotz der etwas holzschnittartigen und klischeelastigen Handlung des Romans (zerrüttete Familienverhältnisse, die Sehnsucht dazuzugehören, Trauma durch jugendlichen Suizid, der eine, der dem Teufelskreis nicht entkommen kann) nicht den Stab bricht über seinem fragmentierten Helden, dass er ihn ernst nimmt und das Glücksgefühl, welches er in der ritualisierten Gewalt findet, zugänglich zu machen sucht. [...]
[Es] bleibt ein instensives innerliches Kammerspiel wiederstreitender Impulse, eine ganz ins Erleben und Erinnern verlagerte gescheiterte Erwachsenwerdung, die zugleich fragt, worin dieses Erwachsensein eigentlich bestünde, ein klaustrophobisches Ringen um ein unmögliches Ich, das sich nur zu finden meint, wenn es zerstört. Ein Abend, der wie das Kinderzimmer, hinter (Milch-)Glas verbleibt und doch in seinen besseren Momenten wirkt wie ein Faustschlag, der nur Zentimeter vor dem Zuschauer*innen-Gesicht gestoppt wird. In Adrian Figueroas Adaption ist Heiko vervierfacht. Erzählt, mal monologisch, mal den Text weiterreichend, mal dialogisch von seiner Passion, die sein Leben ist, auch weil ihm die anderen potenziellen Leben zunehmend entgleiten. [...]
Die vier Spieler (Christoph Franken, Sascha Göpel, Jeremy Mockridge, Caner Sunar) bewältigen die Rolle – und alle anderen zitierten – mit viel Energie und mancher Nuance. Sie zeichnen das zersplitterte Bild eines Getriebenen, verletzlich, kindlich, brutal, manisch, ein lebender, durchs Leben taumelnder Widerspruch. Nur selten ist seine Welt ganz hell, oft steht er in gezackten, puzzleartigen Lichtfenstern, Menschfragmente im Ausnahmezustand. Den der Abend treffend einfängt: Die vier Heikos sind dauerangespannt, stets am Rand des Berstens – was sich am eindrucksvollsten und unmittelbarsten in einer eigentlich redundant erscheinenden Szene zeigt, in der Mockridge sich durch eine Pokalauslosung improvisiert und dabei jeden Moment droht, komplett die Kontrolle über sich und seine Situation zu verlieren. Da verwandelt sich das Lachen urplötzlich in Schrecken, der dann unkomfortabel wieder weggelacht werden muss.
Heiko ist gefangen in sich, der aseptische weiße Raum, der sich immer wieder schwärzt und von Störlinien durchzogen ist, ist sein Inneres, ein weißes Blatt, das er nicht ausgemalt bekommt, sondern nur verdunkelt. Bunt ist ausschließlich die Vergangenheit. Die verbirgt sich hinter einer vermeintlichen quadratischen weißen Platte an der Rückwand, die sich als Kinderzimmer entpuppt, Ort der Jugendträume Heikos und seiner Freunde. [...]
Und so vermischen sich Gegenwart und Vergangenheit, schleichen die jugendlichen Alter Egos, dargestellt von vier jugendlichen Spielern (Liou Kleemann, Friedrich von Schönfels, Oskar von Schönfels und Loris Sichrovsky) zu ihren älteren Pendants. [...] wie Heiko einst die Fan-Kutte des Alkoholiker-Vaters begehrte, streifen die Jungen nun die Hoodies der Älteren über, ein unseliges Erbe unaufgearbeiteter Vermächtnisse. [...]
Es ist ein Verdienst des Abends, dass er trotz der etwas holzschnittartigen und klischeelastigen Handlung des Romans (zerrüttete Familienverhältnisse, die Sehnsucht dazuzugehören, Trauma durch jugendlichen Suizid, der eine, der dem Teufelskreis nicht entkommen kann) nicht den Stab bricht über seinem fragmentierten Helden, dass er ihn ernst nimmt und das Glücksgefühl, welches er in der ritualisierten Gewalt findet, zugänglich zu machen sucht. [...]
[Es] bleibt ein instensives innerliches Kammerspiel wiederstreitender Impulse, eine ganz ins Erleben und Erinnern verlagerte gescheiterte Erwachsenwerdung, die zugleich fragt, worin dieses Erwachsensein eigentlich bestünde, ein klaustrophobisches Ringen um ein unmögliches Ich, das sich nur zu finden meint, wenn es zerstört. Ein Abend, der wie das Kinderzimmer, hinter (Milch-)Glas verbleibt und doch in seinen besseren Momenten wirkt wie ein Faustschlag, der nur Zentimeter vor dem Zuschauer*innen-Gesicht gestoppt wird.