
Fluchtpunkt Berlin
Eine Recherche von Tobias Rausch
Eine Inszenierung des Jungen DT
Die Menschheit ist in Bewegung: 43,7 Mio. Menschen befanden sich im Jahr 2011 weltweit auf der Flucht. Viele träumen davon, irgendwann in die verlorene Heimat zurückkehren zu können. Aber was, wenn keine Rückkehr möglich ist? Wie verändert der Verlust von Heimat einen Menschen? Ab wann kann jemand überhaupt davon sprechen, irgendwo "zuhause" zu sein? Wovon hängt das ab?
Im Rechercheprojekt 'Fluchtpunkt Berlin' haben Berliner Jugendliche Menschen interviewt, die ihre Heimat verloren haben. Der Regisseur Tobias Rausch hat gemeinsam mit den Jugendlichen daraus ein Stück über das Leben als Flucht entwickelt. Das Projekt spannt einen weiten Bogen - von politischen Flüchtlingen aus dem Iran oder Afrika, über Heimatvertriebene des Zweiten Weltkriegs bis zu den Bewohnern eines abgebaggerten Dorfs in der Lausitz.
Trainer von ParkourOne haben mit den Jugendlichen Sprung-Techniken und Bewegungs-Choreographien erarbeitet. In dem auseinander gebrochenen Haus, das der Bühnenbildner Michael Böhler gebaut hat, überwinden sie Hindernisse und erzählen dabei ein Panorama von Fluchtgeschichten. Dazu gibt's live produzierte Elektromusik von drei Jugendlichen unter der Leitung von Matthias Herrmann.
facebook.com/fluchtpunktberlin
Im Rahmen der 'Frankfurter Positionen' ist 'Fluchtpunkt Berlin' am 5. Februar um 20.00 Uhr im LAB in der Schmidtstraße zu sehen.
Werkauftrag für die Frankfurter Positionen 2013 – eine Initiative der BHF-Bank-Stiftung.
Die Menschheit ist in Bewegung: 43,7 Mio. Menschen befanden sich im Jahr 2011 weltweit auf der Flucht. Viele träumen davon, irgendwann in die verlorene Heimat zurückkehren zu können. Aber was, wenn keine Rückkehr möglich ist? Wie verändert der Verlust von Heimat einen Menschen? Ab wann kann jemand überhaupt davon sprechen, irgendwo "zuhause" zu sein? Wovon hängt das ab?
Im Rechercheprojekt 'Fluchtpunkt Berlin' haben Berliner Jugendliche Menschen interviewt, die ihre Heimat verloren haben. Der Regisseur Tobias Rausch hat gemeinsam mit den Jugendlichen daraus ein Stück über das Leben als Flucht entwickelt. Das Projekt spannt einen weiten Bogen - von politischen Flüchtlingen aus dem Iran oder Afrika, über Heimatvertriebene des Zweiten Weltkriegs bis zu den Bewohnern eines abgebaggerten Dorfs in der Lausitz.
Trainer von ParkourOne haben mit den Jugendlichen Sprung-Techniken und Bewegungs-Choreographien erarbeitet. In dem auseinander gebrochenen Haus, das der Bühnenbildner Michael Böhler gebaut hat, überwinden sie Hindernisse und erzählen dabei ein Panorama von Fluchtgeschichten. Dazu gibt's live produzierte Elektromusik von drei Jugendlichen unter der Leitung von Matthias Herrmann.
facebook.com/fluchtpunktberlin
Im Rahmen der 'Frankfurter Positionen' ist 'Fluchtpunkt Berlin' am 5. Februar um 20.00 Uhr im LAB in der Schmidtstraße zu sehen.
Werkauftrag für die Frankfurter Positionen 2013 – eine Initiative der BHF-Bank-Stiftung.
Regie Tobias Rausch
Bühne Michael Böhler
Kostüme Jelka Plate
Musik Matthias Herrmann
Dramaturgie Birgit Lengers
Recherche Katja von der Ropp, Katharina Wessel, Natali Seelig
Uraufführung 9. Januar 2013
Ruby CommeySpiel
Alexander FingerSpiel
Caroline HellwigSpiel
Mehmet KücükSpiel
Franz SchönbergerSpiel
Maike KnirschSpiel
Ingraban von StolzmannSpiel
Antonia LindSpiel
Finja-Marie WilkeSpiel
Kristina FrickeMusikerin
Thao TranMusikerin
Johannes WaitzMusiker
Leonie AdamRecherche und Spiel
Judith EhrhardtRecherche und Spiel
Tatjana KranzRecherche und Spiel
Robert WillRecherche und Spiel
Anna Maria WuenstRecherche und Spiel
Ruby Commey, Alexander Finger, Caroline Hellwig, Mehmet Kücük, Franz Schönberger, Maike Knirsch, Ingraban von Stolzmann, Antonia Lind, Finja-Marie Wilke
Spiel
Kristina Fricke, Thao Tran
Musikerin
Johannes Waitz
Musiker
Leonie Adam, Judith Ehrhardt, Tatjana Kranz, Robert Will, Anna Maria Wuenst
Recherche und Spiel
Ein Trainingscamp für Heimweh
Porträt Tobias Rausch im RBB Kulturradio 8.1.2013
Fluchtpunkt Berlin | Frühkritik RBB Inforadio
Außerdem im Spielplan
Mit englischen Übertiteln
Regie: Claudia Bossard
DT Kontext: Im Anschluss an die Vorstellung Vortrag und Gespräch mit Rainald Goetz
DT Bühne
19.30 - 21.50
Wiederaufnahme
Mit englischen Übertiteln
Forever Yin Forever Young
Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
20.00 - 22.40
Vertreibung, Flucht, Heimat(-losigkeit) - keine leichte Kost, möchte man meinen. Die wird allerdings mit so viel Sprachwitz dargeboten, dass man an vielen Stellen der Aufführung nicht anders kann, als laut loszulachen. Ein Lachen, das einem im nächsten Moment schon wieder im Halse stecken bleiben möchte, dringt die harte Botschaft des Gesagten doch meist erst mit einer kleinen Verzögerung bis ins Innerste vor. Dafür dann mit umso größerer Wucht. Alles in allem ein äußerst bemerkenswertes Stück, das man sich unbedingt ansehen sollte. Es handelt sich um eine Inszenierung des Jungen DT, auf der Bühne stehen 18 Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren, viele von ihnen gehen noch zur Schule. Was sie an diesem Abend abliefern, ist schlichtweg beeindruckend. Untermalt mit Livemusik und vor Ort produzierten Hörspielgeräuschen wechseln die Schauspieler ihre Charaktere im Minutentakt - mal sind sie Mensch, mal sind sie Tier. Mit vollem Körpereinsatz und fast schon akrobatischen Einlagen toben sie durch das Bühnenbild, besser kann man die innere Getriebenheit der Flüchtlinge nicht darstellen. (...)
Vertreibung, Flucht, Heimat(-losigkeit) - keine leichte Kost, möchte man meinen. Die wird allerdings mit so viel Sprachwitz dargeboten, dass man an vielen Stellen der Aufführung nicht anders kann, als laut loszulachen. Ein Lachen, das einem im nächsten Moment schon wieder im Halse stecken bleiben möchte, dringt die harte Botschaft des Gesagten doch meist erst mit einer kleinen Verzögerung bis ins Innerste vor. Dafür dann mit umso größerer Wucht. Alles in allem ein äußerst bemerkenswertes Stück, das man sich unbedingt ansehen sollte.
Was bleibt, ist ein ungemein anregender, vielschichtiger Diskurs über Heimat – als Ort, als Gefühl, als Mythos. Es ist ein Diskurs, der kein Ende hat, der nicht die eine große Antwort bietet, nur viele kleine, die sogleich wieder zu Fragen werden. Wer ist eigentlich das “Opfer”? Der “Flüchtling”, der gegen alle Widrigkeiten und unter Lebensgefahr sein Schicksal in die Hand nimmt – oder doch wir, die wir passiv da sitzen, uns nicht bewegen, alles mit uns geschehen lassen? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen, aber vielleicht ist auch de Frage falsch. Dieser Abend bringt einiges in Bewegung – es könnte sich lohnen, diese Bewegung zuzulassen. Szenen verschieben sich, was eben eines war, ist jetzt schon etwas ganz anderes. Gewissheiten werden hinterfragt und ad absurdum geführt, Weltbilder verwandeln sich in ihr Gegenteil, so manches ist nicht, was es scheint und zuweilen mehreres gleichzeitig. Aus dem Flüchtling, der sich erhängt hat, wird das Mädchen auf der Schaukel, zwei Jugendliche erzählen von schlesischen trachten und kleiden sich gleichzeitig afrikanisch ein. Szenen werden abgebrochen, Geschichten auf unterschiedliche Weisen zu erzählen versucht, nichts ist sicher, die eine, allgemeingültige Interpretation gibt es nicht. Es wird viel gespielt an diesem Abend, probiert und verworfen, kaleidoskopisch aufgefächert und lustvoll unterspült.
Was bleibt, ist ein ungemein anregender, vielschichtiger Diskurs über Heimat – als Ort, als Gefühl, als Mythos. Es ist ein Diskurs, der kein Ende hat, der nicht die eine große Antwort bietet, nur viele kleine, die sogleich wieder zu Fragen werden. Wer ist eigentlich das “Opfer”? Der “Flüchtling”, der gegen alle Widrigkeiten und unter Lebensgefahr sein Schicksal in die Hand nimmt – oder doch wir, die wir passiv da sitzen, uns nicht bewegen, alles mit uns geschehen lassen? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen, aber vielleicht ist auch de Frage falsch. Dieser Abend bringt einiges in Bewegung – es könnte sich lohnen, diese Bewegung zuzulassen.
Fünfzig Euro für eine Geschichte, die dann aber bitte ein paar Trauma-Details aufweisen muss. Auch Recherchetheatermacher sind Journalisten. (G)ut die Hälfte der Zeit thematisieren die Jugendlichen die Schwierigkeit, bewegende Schicksale zu erzählen, ohne in Kitsch zu verfallen. "Warum bellst du wie ein Hund", sagt einer der Spieler. "Soll das 'Einsamkeit' symbolisieren? Das muss man anders machen". Dann drapiert er die Spieler um, befiehlt ihnen apathisch vor sich hinzustarren und erzählt selbst von dem Vietnamesen, der seine Kindheit in einem deutschen Flüchtlingsheim verbrachte und nun abgeschoben werden soll, als eine andere Spielerin wiederum mit dem Einwand unterbricht, dies sei ja "Einfühlungsschmalz". Ein anderes Mal wird ein Flüchtling von selbstverliebt empörten Mitarbeitern eines Flüchtlingsheims vorgeführt: Er solle doch seine Geschichte erzählen. Doch sobald er beginnt, unterbrechen sie ihn, bis er schließlich ausrastet: Jeder wolle seine Geschichte. "Meine Leidensgeschichte ist mein Kapital". Journalisten böten ihm "fünfzig Euro" dafür, doch wenn er sie erzähle, würde sie nach den Bedürfnissen des Marktes frisiert.
Fünfzig Euro für eine Geschichte, die dann aber bitte ein paar Trauma-Details aufweisen muss. Auch Recherchetheatermacher sind Journalisten.