Das Himbeerreich

von Andres Veiel
Chorleitung Stefan Streich
Berlin-Premiere 16. Januar 2013
Koproduktion mit dem Schauspiel Stuttgart
Susanne-Marie WrageDr. Brigitte Manzinger
Ulrich MatthesGottfried W. Kastein
Joachim BißmeierDr. Dr. hc Walter K. von Hirschstein
Manfred AndraeBertram Ansberger
Sebastian KowskiNiki Modersohn
Jürgen HuthHans Helmut Hinz
Dr. Brigitte Manzinger
Gottfried W. Kastein
Dr. Dr. hc Walter K. von Hirschstein
Manfred Andrae
Bertram Ansberger
Niki Modersohn
Hans Helmut Hinz
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Irene Bazinger, 18.01.2013
Er [Andres Veiel] verwendet die Äußerungen der realen Personen lediglich als Material für einen so beklemmenden wie schockierenden, kunstvoll verdichteten Kommentar zur Lage der Welt – und wer wenn nicht die 'Masters of the Universe', wie Tom Wolfe derlei Gestalten schon 1987 nannte, könnte ihm treffenderes Fachvokabular liefern?
[…]
Die Inszenierung, die jeden Hauch von gefühligem Mitnicken entschieden unterbindet, führt als schwarze Messe von einem Höllenkreis in den nächsten und betäubt die Zuschauer mit kühl geschilderten Visionen von Krisen, Zusammenbrüchen, Staatspleiten. Ob sie in dieser Konstellation stimmen oder nicht, ist unerheblich, denn das tun die angeblich seriösen Analysen von Finanzexperten auch nicht. In ihrer Summe freilich wirken sie zutiefst überzeugend, decken sich mit dem Grundgefühl des Publikums und zeigen ohne szenisches Brimborium ein skandalöses Schrecken ohne Ende.
[…]
Für Lehren, Hilfe, Beruhigung ist dieses Inferno eisiger ökonomischer Irrationalität, das Andres Veiel souverän abstrakt und jenseits dokumentarischer Gradlinigkeit entworfen hat, nicht geeignet, für einen bösen Blick in den Abgrund und auf das System der Zerstörung allerdings sehr.
Er [Andres Veiel] verwendet die Äußerungen der realen Personen lediglich als Material für einen so beklemmenden wie schockierenden, kunstvoll verdichteten Kommentar zur Lage der Welt – und wer wenn nicht die 'Masters of the Universe', wie Tom Wolfe derlei Gestalten schon 1987 nannte, könnte ihm treffenderes Fachvokabular liefern?
[…]
Die Inszenierung, die jeden Hauch von gefühligem Mitnicken entschieden unterbindet, führt als schwarze Messe von einem Höllenkreis in den nächsten und betäubt die Zuschauer mit kühl geschilderten Visionen von Krisen, Zusammenbrüchen, Staatspleiten. Ob sie in dieser Konstellation stimmen oder nicht, ist unerheblich, denn das tun die angeblich seriösen Analysen von Finanzexperten auch nicht. In ihrer Summe freilich wirken sie zutiefst überzeugend, decken sich mit dem Grundgefühl des Publikums und zeigen ohne szenisches Brimborium ein skandalöses Schrecken ohne Ende.
[…]
Für Lehren, Hilfe, Beruhigung ist dieses Inferno eisiger ökonomischer Irrationalität, das Andres Veiel souverän abstrakt und jenseits dokumentarischer Gradlinigkeit entworfen hat, nicht geeignet, für einen bösen Blick in den Abgrund und auf das System der Zerstörung allerdings sehr.
neues deutschland
Hans Dieter Schütt, 18.01.2013
Wenn es Veiel nicht gelang, aus Gesprächsprotokollen mit Bankern einen Dokumentarfilm zu drehen, weil Namen und Adressen hätten genannt werden müssen – dann ist es doch eine Hymne auf die Lebendigkeit des Theaters, wenn dieses einspringt und in fiktiver Form eine Präsentation des Bedrängungsstoffes ermöglicht. Das bedrängende am Stück ist das unsichtbare, aber grauenhafte Grinsen des Systems, das noch seine bestverdienenden Sklaven als Blinde offenbart, denen es an nichts fehlt, aber an Durchblick sehr wohl. Wenn es Veiel nicht gelang, aus Gesprächsprotokollen mit Bankern einen Dokumentarfilm zu drehen, weil Namen und Adressen hätten genannt werden müssen – dann ist es doch eine Hymne auf die Lebendigkeit des Theaters, wenn dieses einspringt und in fiktiver Form eine Präsentation des Bedrängungsstoffes ermöglicht. Das bedrängende am Stück ist das unsichtbare, aber grauenhafte Grinsen des Systems, das noch seine bestverdienenden Sklaven als Blinde offenbart, denen es an nichts fehlt, aber an Durchblick sehr wohl.
taz
Katrin Bettina Müller, 18.01.2013
Man staunt über die Offenheit in dieser Innenansicht aus dem Zentrum der Finanzwelt. Hier reden Lenker von Geschäften, die nicht erst im Nachhinein feststellen, damit auf einen Abgrund zugefahren zu sein, sondern zugeben, schon sehenden Auges darauf zugefahren zu sein. Aber aus Angst vor dem Verlust von Status und Perserteppich im Büro dabei blieben.
[…]
Ulrich Matthes hat die Rolle des Skeptikers, den Blick immer ein wenig schräg außen auf das eigene System – das steht ihm wie eine zweite Haut. […] Die interessanteste Figur ist Frau Manziger, deren Eiseskälte Susanne-Marie Wrage eben nicht überspitzt, das Rationale auch im Gestus über das Extravagante stellt
Man staunt über die Offenheit in dieser Innenansicht aus dem Zentrum der Finanzwelt. Hier reden Lenker von Geschäften, die nicht erst im Nachhinein feststellen, damit auf einen Abgrund zugefahren zu sein, sondern zugeben, schon sehenden Auges darauf zugefahren zu sein. Aber aus Angst vor dem Verlust von Status und Perserteppich im Büro dabei blieben.
[…]
Ulrich Matthes hat die Rolle des Skeptikers, den Blick immer ein wenig schräg außen auf das eigene System – das steht ihm wie eine zweite Haut. […] Die interessanteste Figur ist Frau Manziger, deren Eiseskälte Susanne-Marie Wrage eben nicht überspitzt, das Rationale auch im Gestus über das Extravagante stellt
Stuttgarter Zeitung
Roland Müller, 14.01.2013
"(M)it Eigensinn überraschend, mit Scharfsinn bestechend ist die Art, wie Veiel als Autor und Regisseur diese Abwärtskurve im 'Himbeerreich' beschreibt: hochgradig komplex, pendelnd zwischen Individuellem und Systemischem, zwischen Konkretion und Abstraktion. Und weil sich zum steten Etagenwechsel noch die Reflexion gesellt, das Nachdenken der Banker und Broker über ihr eigenes Tun, entgeht das (...) Stück auch der Klischee-Falle. Auf der Bühne im Nord stehen keine Thesen auf zwei Beinen, sondern Menschen, die den Thesen ihr Fleisch und Blut geben und sie gerade deshalb zum Laufen bringen. Und was wir sonst nur als steigende und fallende Aktienkurse wahrnehmen, wird im 'Himbeerreich' in seinem Weshalb und Warum sinnlich erfahrbar." "(M)it Eigensinn überraschend, mit Scharfsinn bestechend ist die Art, wie Veiel als Autor und Regisseur diese Abwärtskurve im 'Himbeerreich' beschreibt: hochgradig komplex, pendelnd zwischen Individuellem und Systemischem, zwischen Konkretion und Abstraktion. Und weil sich zum steten Etagenwechsel noch die Reflexion gesellt, das Nachdenken der Banker und Broker über ihr eigenes Tun, entgeht das (...) Stück auch der Klischee-Falle. Auf der Bühne im Nord stehen keine Thesen auf zwei Beinen, sondern Menschen, die den Thesen ihr Fleisch und Blut geben und sie gerade deshalb zum Laufen bringen. Und was wir sonst nur als steigende und fallende Aktienkurse wahrnehmen, wird im 'Himbeerreich' in seinem Weshalb und Warum sinnlich erfahrbar."
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Franz Dobler, 13.01.2013
"Großartige Schauspieler, die hochkomplizierte Sätze plötzlich verständlich machen, durch eine Betonung hier, eine kleine Geste da: Da ist man doch hin und weg!" "Großartige Schauspieler, die hochkomplizierte Sätze plötzlich verständlich machen, durch eine Betonung hier, eine kleine Geste da: Da ist man doch hin und weg!"
Deutschlandradio Kultur
Rainer Zerbst, 11.01.2013
"Das alles ist brillant formuliert, lässt einem vor allem aber den Atem stocken, weil man weiß, dass diese Formulierungen nicht Fiktion sind, sondern Realität." "Das alles ist brillant formuliert, lässt einem vor allem aber den Atem stocken, weil man weiß, dass diese Formulierungen nicht Fiktion sind, sondern Realität."
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Lisa Nienhaus, 13.01.2013
"Alle Banker sind hier Menschen – peu à peu lassen sie ihre Masken fallen und zeige Gefühle, spätestens, wenn sie ihren Job verlieren. Eine der besten Szenen, weil auch extrem amüsant, ist diejenige, in der der distinguierte Altvorstand sich darüber beklagt, welche Privilegien ihm abhandengekommen sind, seit er die Vorstandsetage räumen musste: Der Stuhl ist nur noch dreifach verstellbar, kein Teppichboden mehr, keine Gardienen. Nur den Fahrer hat er noch, aber er darf nur noch in die Mitarbeitergarage einfahren." "Alle Banker sind hier Menschen – peu à peu lassen sie ihre Masken fallen und zeige Gefühle, spätestens, wenn sie ihren Job verlieren. Eine der besten Szenen, weil auch extrem amüsant, ist diejenige, in der der distinguierte Altvorstand sich darüber beklagt, welche Privilegien ihm abhandengekommen sind, seit er die Vorstandsetage räumen musste: Der Stuhl ist nur noch dreifach verstellbar, kein Teppichboden mehr, keine Gardienen. Nur den Fahrer hat er noch, aber er darf nur noch in die Mitarbeitergarage einfahren."

Gefördert durch

Außerdem im Spielplan

Mit englischen Übertiteln
von Rainald Goetz
Regie: Claudia Bossard
DT Kontext: Im Anschluss an die Vorstellung Vortrag und Gespräch mit Rainald Goetz
DT Bühne
19.30 - 21.50
Wiederaufnahme
Mit englischen Übertiteln

Forever Yin Forever Young

Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
20.00 - 22.40