
Capitalista, Baby!
nach The Fountainhead von Ayn Rand
Wer ist Ayn Rand? 1905 in St. Petersburg geboren, emigrierte sie nach der Oktoberrevolution in die USA, schrieb zunächst Drehbücher für Hollywood und avancierte seit den 40er Jahren zu einer der meistgelesenen Autorinnen Amerikas. Bei der Verfilmung ihres Romans The Fountainhead spielte Gary Cooper 1949 die Hauptrolle des genialischen Architekten Howard Roark, und ihr Roman Atlas Shrugged (1957) wurde Anfang der 90er Jahre bei einer Umfrage der Library of Congress zum zweitwichtigsten Buch der Weltliteratur (nach der Bibel) erklärt. Zu Ayn Rands Schülern zählt u.a. der ehemalige Chef der US-Notenbank Alan Greenspan. Auch Wikileaks-Gründer Julian Assange rechnet sich zu ihren Bewunderern. In ihren Texten predigt Ayn Rand einen heroischen Individualismus, die Tugend des Eigennutzes, den Vorrang der Ratio, absoluten Atheismus und selbstsüchtige Sexualität. Ihre Feindbilder sind der Staat, die Solidarität, der Mainstream und das Mittelmaß. Nach ihrer Auseinandersetzung mit Peter Hacks und 'Die Sorgen und die Macht' machen sich Tom Kühnel und Jürgen Kuttner jetzt auf zu einer Reise ins Herz des Kapitalismus, das vielleicht auch das Herz der Kunst ist.
Regie Tom Kühnel, Jürgen Kuttner
Bühne Jo Schramm
Kostüme Daniela Selig
Musik Markus Hübner
Dramaturgie Claus Caesar
Uraufführung 11. September 2011
Daniel HoevelsHoward Roark

Natali SeeligDominique Francon

Jörg PoseGail Wynand

Matthias NeukirchEllsworth Toohey
Felix GoeserPeter Keating

Jürgen KuttnerAlvah Scarrett

Howard Roark
Dominique Francon
Gail Wynand
Ellsworth Toohey
Peter Keating
Alvah Scarrett
Außerdem im Spielplan
Mit englischen Übertiteln
Regie: Claudia Bossard
DT Kontext: Im Anschluss an die Vorstellung Vortrag und Gespräch mit Rainald Goetz
DT Bühne
19.30 - 21.50
Wiederaufnahme
Mit englischen Übertiteln
Forever Yin Forever Young
Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
20.00 - 22.40
Insofern ist dieser von Tom Kühnel und Jürgen Kuttner zu verantwortende Abend eine hervorragende Sache. Er will uns aus den Sofaecken der Geistesgemütlichkeit locken, setzt uns zur Prüfung vor, was wir uns längst abtrainiert haben, in Frage zu stellen. Der Einzelne ist alles, die Gemeinschaft ist nichts. Glauben Sie das? Eben. Aber Daniel Hoevels spricht es – in gleisnerisches Messiaslicht getaucht, die Augen scharf gestellt, die Gesten weltumfassend – derart im Verführerhochton, dass er uns just dies glauben machen möchte, was in der Logik dieser Inszenierung für den Zuschauer bedeutet, sich in Denken zu üben, nämlich lieb gewonnene Selbstverständlichkeiten, ungeprüfte Voraussetzungen in Zweifel zu setzen und also wider jenen ideologischen Stachel zu löcken, der in aller Denkselbstzufriedenheit nistet. Das ist ja die Freiheit (und Gefährlichkeit) des Denkens, gleichsam gegen sich selbst auch dort noch Alternativen als möglich zu erachten, wo einem alles unverrückbar scheint.
Insofern ist dieser von Tom Kühnel und Jürgen Kuttner zu verantwortende Abend eine hervorragende Sache. Er will uns aus den Sofaecken der Geistesgemütlichkeit locken, setzt uns zur Prüfung vor, was wir uns längst abtrainiert haben, in Frage zu stellen.
Kuttner und Kühnel ist es nach ihrer Hacks-Bearbeitung mit "Capitalista, Baby!" erneut gelungen, das ungeklärte Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft auf der Bühne nach den Vorgaben eines Kunstwerks sinnenfreudig durchzuspielen – diesmal von der anderen ideologischen Seite aus – aber ebenso sehenswert. Der Regisseur wuselt schauspielend über die Bühne – als Redaktionsleiter der meinungsbildenden "Post", als schmieriger Bankdirektor, als sensationsgieriger Showman, überaus komisch: als Ayn Rand im schwarzen Witwenkleid […].
Kuttner und Kühnel ist es nach ihrer Hacks-Bearbeitung mit "Capitalista, Baby!" erneut gelungen, das ungeklärte Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft auf der Bühne nach den Vorgaben eines Kunstwerks sinnenfreudig durchzuspielen – diesmal von der anderen ideologischen Seite aus – aber ebenso sehenswert.