Between the Lines. Briefe aus Bissau

Eine Stückentwicklung von Auftrag : Lorey und Kolja Kunt
Regie Auftrag : Lorey, Kolja Kunt
Video Kolja Kunt
Ausstattung Viktor Reim
Dramaturgie Joshua Wicke
Uraufführung
30. September 2017, Box
Kathleen Morgeneyer
Natali Seelig
Süheyla Ünlü
Djelifily SakoLive-Musik
Djelifily Sako
Live-Musik
neues deutschland
Tom Mustroph, 02.10.2017
Eine Familiengeschichte, sich abspielend zwischen dem thüringischen Erfurt und dem westafrikanischen Guinea-Bissau, spült längst vergessene Konzepte wie "Völkerfreundschaft" und "Bruderland" wieder an die Oberfläche des Bewusstseins.  Ausgangspunkt sind Briefe von Gabriele Poungoura, die in den 70er Jahren ihrem Mann Vicente Poungoura aus der DDR- nach Westafrika folgte. Poungouras Nichte Kolja Kunt nahm dreieinhalb Jahrzehnte später - die Auswandererin war da schon an den Folgen eines Verbrennungsunfalls gestorben - den Faden wieder auf und drehte einen Film. Aus ihren Recherchen und Briefen gestaltete das Regieduo Bjoern Auftrag und Stefanie Lorey einen Lese- und Musikabend in der Box des Deutschen Theaters.
"Between the Lines. Briefe aus Bissau" thematisiert zunächst das Genre des Lesens, des Vorlesens und des Suchens zwischen den Zeilen. Drei Frauen, bestückt mit Papier, und ein Mann, eine traditionelle westafrikanische Stegharfe in Griffweite, stehen im Halbdunkel der Bühne und lassen Worte aus dem Off an sich abperlen. Dann ergreift der Mann, Djelifily Suko, ein Griot aus Mali, das Wort und erzählt - mutmaßlich, denn er erzählt in einer fremden Sprache - von Guinea-Bissau, von Afrika, von den Weißen in Afrika. Hier und da lacht jemand, der ihn versteht. Dann ist Poungoura an der Reihe ihre Briefe ab 1980. Erst datiert, später auch nummeriert. Denn Poungoura und ihre Familie erkannten schnell, dass die Staatssicherheit die Briefe öffnete; sie las und manche sogar verschwinden ließ. Vermisste Briefe, etwa einer mit Fotos von  einer Faschingsfeier in Bissau, tauchen mehr als ein Jahrzehnt später in ihren Stasi-Akten auf. Auch das ist ein Zeitmoment.
Die Rekonstruktion dieser so bizarren, so seltsam vertrauten und aus der zeitlichen Ferne fast unwirklich erscheinenden Verbindung dieses kleinen Landes, das sich selbst eingemauert hat im Herzen Europas mit den Völkern der Welt nimmt größeren Raum ein. Vicente Poungura, Mitkämpfer in der  legendären Befreiungsbewegung von Amilcar. Cabral, kam in den 70er Jahren zum Studium in die DDR und traf dort auf Gabriele; die sich in ihn verliebte.
Eine Familiengeschichte, sich abspielend zwischen dem thüringischen Erfurt und dem westafrikanischen Guinea-Bissau, spült längst vergessene Konzepte wie "Völkerfreundschaft" und "Bruderland" wieder an die Oberfläche des Bewusstseins.  Ausgangspunkt sind Briefe von Gabriele Poungoura, die in den 70er Jahren ihrem Mann Vicente Poungoura aus der DDR- nach Westafrika folgte. Poungouras Nichte Kolja Kunt nahm dreieinhalb Jahrzehnte später - die Auswandererin war da schon an den Folgen eines Verbrennungsunfalls gestorben - den Faden wieder auf und drehte einen Film. Aus ihren Recherchen und Briefen gestaltete das Regieduo Bjoern Auftrag und Stefanie Lorey einen Lese- und Musikabend in der Box des Deutschen Theaters.
"Between the Lines. Briefe aus Bissau" thematisiert zunächst das Genre des Lesens, des Vorlesens und des Suchens zwischen den Zeilen. Drei Frauen, bestückt mit Papier, und ein Mann, eine traditionelle westafrikanische Stegharfe in Griffweite, stehen im Halbdunkel der Bühne und lassen Worte aus dem Off an sich abperlen. Dann ergreift der Mann, Djelifily Suko, ein Griot aus Mali, das Wort und erzählt - mutmaßlich, denn er erzählt in einer fremden Sprache - von Guinea-Bissau, von Afrika, von den Weißen in Afrika. Hier und da lacht jemand, der ihn versteht. Dann ist Poungoura an der Reihe ihre Briefe ab 1980. Erst datiert, später auch nummeriert. Denn Poungoura und ihre Familie erkannten schnell, dass die Staatssicherheit die Briefe öffnete; sie las und manche sogar verschwinden ließ. Vermisste Briefe, etwa einer mit Fotos von  einer Faschingsfeier in Bissau, tauchen mehr als ein Jahrzehnt später in ihren Stasi-Akten auf. Auch das ist ein Zeitmoment.
Die Rekonstruktion dieser so bizarren, so seltsam vertrauten und aus der zeitlichen Ferne fast unwirklich erscheinenden Verbindung dieses kleinen Landes, das sich selbst eingemauert hat im Herzen Europas mit den Völkern der Welt nimmt größeren Raum ein. Vicente Poungura, Mitkämpfer in der  legendären Befreiungsbewegung von Amilcar. Cabral, kam in den 70er Jahren zum Studium in die DDR und traf dort auf Gabriele; die sich in ihn verliebte.
Theaterkritiken Berlin
Magdalena Sporkmann, 02.10.2017
Wenn sich im Bühnenbild von "Between the Lines. Briefe aus Bissau" Reihen weißer Schnüre mit der Projektion von Filmaufnahmen aus Guinea-Bissau vor und zurück, auseinander und zusammen schieben, dann nimmt der Zuschauer dabei auch eine Verschiebung und ein Verschwimmen von hier und dort, Afrika und Europa, von Gegenwart und Vergangenheit wahr. Buchstäblich zwischen diesen Linien werden Stimmen laut, die von Auswanderung und Fremdsein erzählen. In der Stückentwicklung von Auftrag : Lorey (Bjoern Auftrag und Stefanie Lorey) und der Filmemacherin Kolja Kunt findet eine sehr behutsame, poetische und einnehmende Annäherung an eine ganz besondere deutsch-afrikanische Geschichte statt. Die Premiere war am 30. September 2017 Deutschen Theater Berlin.
Den Ausgangspunkt für Between the Lines. Briefe aus Bissau, bildete ein Konvolut aus Briefen von Kolja Kunts Tante Gabriele. Sie wanderte in den 70er Jahren von Erfurt nach Guinea-Bissau in Westafrika aus und lebte dort bis zu ihrem Tod vor ein paar Jahren. [...]

So, wie das in Guinea-Bissau gesprochene Créole Sprachen und Einflüsse mischt, verschwimmen all diese Berichte und synästhetischen Eindrücke zu einer einzigen Geschichte. Dabei wird eine Überlegung Koljas über die Bildung des Konjunktiv im Créole bedeutungsschwer: Sie rahmt das Verb in Formen der Zukunft und Vergangenheit ein und denkt, so in der Schnittmenge den Konjunktiv zu erhalten. – Die Bühnenhandlung von "Between the Lines. Briefe aus Bissau" oszilliert genau so zwischen Zukunft und Vergangenheit. Dabei entsteht eine mögliche Geschichte der Auswanderung und Wanderung zwischen Afrika und Europa. Damals wie heute, dort wie hier erzählt sie von Grenzen, Mauern und Zäunen und davon, wie diese überwunden werden.
Wenn sich im Bühnenbild von "Between the Lines. Briefe aus Bissau" Reihen weißer Schnüre mit der Projektion von Filmaufnahmen aus Guinea-Bissau vor und zurück, auseinander und zusammen schieben, dann nimmt der Zuschauer dabei auch eine Verschiebung und ein Verschwimmen von hier und dort, Afrika und Europa, von Gegenwart und Vergangenheit wahr. Buchstäblich zwischen diesen Linien werden Stimmen laut, die von Auswanderung und Fremdsein erzählen. In der Stückentwicklung von Auftrag : Lorey (Bjoern Auftrag und Stefanie Lorey) und der Filmemacherin Kolja Kunt findet eine sehr behutsame, poetische und einnehmende Annäherung an eine ganz besondere deutsch-afrikanische Geschichte statt. Die Premiere war am 30. September 2017 Deutschen Theater Berlin.
Den Ausgangspunkt für Between the Lines. Briefe aus Bissau, bildete ein Konvolut aus Briefen von Kolja Kunts Tante Gabriele. Sie wanderte in den 70er Jahren von Erfurt nach Guinea-Bissau in Westafrika aus und lebte dort bis zu ihrem Tod vor ein paar Jahren. [...]

So, wie das in Guinea-Bissau gesprochene Créole Sprachen und Einflüsse mischt, verschwimmen all diese Berichte und synästhetischen Eindrücke zu einer einzigen Geschichte. Dabei wird eine Überlegung Koljas über die Bildung des Konjunktiv im Créole bedeutungsschwer: Sie rahmt das Verb in Formen der Zukunft und Vergangenheit ein und denkt, so in der Schnittmenge den Konjunktiv zu erhalten. – Die Bühnenhandlung von "Between the Lines. Briefe aus Bissau" oszilliert genau so zwischen Zukunft und Vergangenheit. Dabei entsteht eine mögliche Geschichte der Auswanderung und Wanderung zwischen Afrika und Europa. Damals wie heute, dort wie hier erzählt sie von Grenzen, Mauern und Zäunen und davon, wie diese überwunden werden.

Außerdem im Spielplan

Mit englischen Übertiteln
von Rainald Goetz
Regie: Claudia Bossard
DT Kontext: Im Anschluss an die Vorstellung Vortrag und Gespräch mit Rainald Goetz
DT Bühne
19.30 - 21.50
Wiederaufnahme
Mit englischen Übertiteln

Forever Yin Forever Young

Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
20.00 - 22.40