
Archiv der Erschöpfung
von Sascha Hargesheimer
"Weiter so, Deutschland – für eine gute Zukunft": Der Wahlslogan der CDU im westdeutschen Wahlkampf 1987 war prophetischer als seine Autoren es wahrscheinlich ahnten. "Weiter so", das ist der Imperativ unserer heutigen Leistungsgesellschaft, der Fluchtpunkt jeder als Auszeit gemeinten Yoga-Stunde und auch die Formel dafür, kein Ende zu machen oder finden zu können. Und im "Weiter so" spricht sich auch die alte Hoffnung auf Unsterblichkeit aus und, als deren Kehrseite, zugleich das Ende des Sinns, der sich bekanntlich erst von einem Ende her erzählen lässt.
"Weiter so" geht es für Anders, den Protagonisten von Sascha Hargesheimers jüngstem Stück, zunächst einmal nicht. Sein Bruder liegt nach einer Schlägerei im Koma, und Anders kehrt nach Jahren in der Fremde zurück in die Stadt, in der er aufgewachsen ist. In eine Stadt, die sich, im Wortsinn, erhebt: Erdgasbohrungen haben ihre Spuren hinterlassen, die Gebäude sind, notdürftig geflickt, vom Einsturz bedroht. Die örtliche Seismographenfabrik geht vor die Hunde, am Kiosk trinken die Abgehängten ihr Bier, Weltuntergangsfanatiker beschwören das Potential von Antifragilität.
An ein Ende wird die Stadt trotzdem nicht kommen, genauso wenig wie es der Autor Anders vermag, die 2000 Seiten Material, die auf seinem Schreibtisch liegen, zu einem Ganzen zu verdichten, die Komplexität von Welt schreibend in den Griff zu bekommen. Weiter so? „Vielleicht ist es gut / nicht mehr bloß auf Veränderung zu hoffen / sondern ihr nicht mehr entkommen zu können.“
Mit Archiv der Erschöpfung ist zum ersten Mal eine Inszenierung von Friederike Heller am Deutschen Theater zu sehen. Die Kompositionen kommen von Hellers langjährigem musikalischem Partner Peter Thiessen, dem Sänger und Gitarristen der Hamburger Band Kante.
Sascha Hargesheimer, geboren 1982 in Frankfurt/Main. 2004 Gründung des freien Theaters Landungsbrücken Frankfurt, Assistenzen am TAT und Schauspiel Frankfurt. Von 2006 bis 2008 Regieassistent am Maxim Gorki Theater Berlin, anschließend Studium Szenisches Schreiben an der UdK. Freier Regisseur und Autor. Sein Stück Polen ist mein Italien gewinnt bei 2013 den Münchner Förderpreis für deutschsprachige Dramatik. Im April 2015 wurde Hargesheimers erstes Libretto OHIO an der Deutschen Oper Berlin uraufgeführt.
"Weiter so" geht es für Anders, den Protagonisten von Sascha Hargesheimers jüngstem Stück, zunächst einmal nicht. Sein Bruder liegt nach einer Schlägerei im Koma, und Anders kehrt nach Jahren in der Fremde zurück in die Stadt, in der er aufgewachsen ist. In eine Stadt, die sich, im Wortsinn, erhebt: Erdgasbohrungen haben ihre Spuren hinterlassen, die Gebäude sind, notdürftig geflickt, vom Einsturz bedroht. Die örtliche Seismographenfabrik geht vor die Hunde, am Kiosk trinken die Abgehängten ihr Bier, Weltuntergangsfanatiker beschwören das Potential von Antifragilität.
An ein Ende wird die Stadt trotzdem nicht kommen, genauso wenig wie es der Autor Anders vermag, die 2000 Seiten Material, die auf seinem Schreibtisch liegen, zu einem Ganzen zu verdichten, die Komplexität von Welt schreibend in den Griff zu bekommen. Weiter so? „Vielleicht ist es gut / nicht mehr bloß auf Veränderung zu hoffen / sondern ihr nicht mehr entkommen zu können.“
Mit Archiv der Erschöpfung ist zum ersten Mal eine Inszenierung von Friederike Heller am Deutschen Theater zu sehen. Die Kompositionen kommen von Hellers langjährigem musikalischem Partner Peter Thiessen, dem Sänger und Gitarristen der Hamburger Band Kante.
Sascha Hargesheimer, geboren 1982 in Frankfurt/Main. 2004 Gründung des freien Theaters Landungsbrücken Frankfurt, Assistenzen am TAT und Schauspiel Frankfurt. Von 2006 bis 2008 Regieassistent am Maxim Gorki Theater Berlin, anschließend Studium Szenisches Schreiben an der UdK. Freier Regisseur und Autor. Sein Stück Polen ist mein Italien gewinnt bei 2013 den Münchner Förderpreis für deutschsprachige Dramatik. Im April 2015 wurde Hargesheimers erstes Libretto OHIO an der Deutschen Oper Berlin uraufgeführt.
Uraufführung im Rahmen der Autorentheatertage Berlin 2015 25. Juni 2015
Felix Goeser

Markus Graf

Daniel Hoevels

Lisa Hrdina

Peter Thiessen
Almut Zilcher

Berliner Zeitung
"Es ist ein fein gesponnenes Lesetheaterstück, das der 33-Jährige in seinem 'Archiv der Erschöpfung' entworfen hat - man möchte fast sagen: es ist ein traumhaft schwebender Gedankenzug durch dutzende Köpfe und Realitäten. (...) Nicht nur die Gemäuer, auch die Leben der Bewohner bröckeln seit Langem. Unter der Oberfläche brodeln die Gedanken, Risse überall, dennoch hängt jeder wie gelähnt in seinen Bildwelten. Man sehnt sich nach einem Neuanfang, aber weiß auch, dass das so einfach nicht geht. Warum beides so viele Irrtümer und Schmerzen mit sich bringt - Tabula rasa zu machen ebenso wie das Alte immer wieder zu flicken -, das spielt Hargesheimer mit seinen allegorischen Figuren tragisch-ironisch durch."
"Es ist ein fein gesponnenes Lesetheaterstück, das der 33-Jährige in seinem 'Archiv der Erschöpfung' entworfen hat - man möchte fast sagen: es ist ein traumhaft schwebender Gedankenzug durch dutzende Köpfe und Realitäten. (...) Nicht nur die Gemäuer, auch die Leben der Bewohner bröckeln seit Langem. Unter der Oberfläche brodeln die Gedanken, Risse überall, dennoch hängt jeder wie gelähnt in seinen Bildwelten. Man sehnt sich nach einem Neuanfang, aber weiß auch, dass das so einfach nicht geht. Warum beides so viele Irrtümer und Schmerzen mit sich bringt - Tabula rasa zu machen ebenso wie das Alte immer wieder zu flicken -, das spielt Hargesheimer mit seinen allegorischen Figuren tragisch-ironisch durch."
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Zitty
"'Piff paff sagen die Risse' in Sascha Hargeheimers Beitrag zu den diesjährigen Autorentheatertagen am Deutschen Theater. (...) Vor stahlkalter Kulisse aus Rollläden und Gerüsten verdichtet Regisseurin Friederike Heller Hargesheimers mal skurille, mal verstörende Momentaufnahmen zu einem Psychogramm der Kleinstadt, das trotz großer Methaphern - Koma und Apathie, zu erschüttern nur durch eine Erdbeben - nie verkrampft anmutet. Dafür sorgt die Musik, die Peter Thiessen von der Band Kante beisteuert, vor allem aber das facettenreiche Spiel der fünfköpfigen Besetzung. Souverän wechselt das Ensemble zwischen Melancholie und Persiflage und sprengt so - piff, paff! - die düstere Schwere des Endzeitszenarios."
"'Piff paff sagen die Risse' in Sascha Hargeheimers Beitrag zu den diesjährigen Autorentheatertagen am Deutschen Theater. (...) Vor stahlkalter Kulisse aus Rollläden und Gerüsten verdichtet Regisseurin Friederike Heller Hargesheimers mal skurille, mal verstörende Momentaufnahmen zu einem Psychogramm der Kleinstadt, das trotz großer Methaphern - Koma und Apathie, zu erschüttern nur durch eine Erdbeben - nie verkrampft anmutet. Dafür sorgt die Musik, die Peter Thiessen von der Band Kante beisteuert, vor allem aber das facettenreiche Spiel der fünfköpfigen Besetzung. Souverän wechselt das Ensemble zwischen Melancholie und Persiflage und sprengt so - piff, paff! - die düstere Schwere des Endzeitszenarios."
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Außerdem im Spielplan
Mit englischen Übertiteln
Regie: Claudia Bossard
DT Kontext: Im Anschluss an die Vorstellung Vortrag und Gespräch mit Rainald Goetz
DT Bühne
19.30 - 21.50
Wiederaufnahme
Mit englischen Übertiteln
Forever Yin Forever Young
Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
20.00 - 22.40