Antigone

von Sophokles
Bühne / Kostüme Paula Wellmann
Leitung Chor Bernd Freytag
Dramaturgie Meike Schmitz
Premiere
13. Januar 2019, Box
Koproduktion mit dem RambaZamba Theater
Manuel HarderKreon
Zora SchemmAntigone
Juliana GötzeIsmene
Aaron SmithHaimon
Lisa HrdinaTeiresias
Hieu PhamBoten
Jonas SippelBoten
Christiane Dutack-Jankowski, Hoang Tran Hieu Hanh, Cherry C. Lewis, Anne-Sophie Pied (Gesang), Guenter Schmidt, Waltraut WollinChor
Antigone
Haimon
Teiresias
Christiane Dutack-Jankowski, Hoang Tran Hieu Hanh, Cherry C. Lewis, Anne-Sophie Pied (Gesang), Guenter Schmidt, Waltraut Wollin
Chor
Das Kulturblog
Konrad Kögler, 13.01.2019
Lilja Rupprecht, die zuletzt am RambaZamba Theater "Die Frauen vom Meer" inszeniert hat, schaltet der klassischen Tragödie jedoch ein kleines Satyr-Spiel vor und rahmt ihren knapp anderthalbstündigen Abend mit Freddie Mercury-Songs.

"Another One Bites the dust" schallt es prophetisch aus den Boxen, während das Publikum den Saal betritt. Zwei düstere Gestalten mit schwarzen Vogel-Kostümen ziehen ihre Runden hinter einem Wald aus weißen Vorhangschnüren, schieben sie schließlich zur Seite und erzählen uns als Vorgeschichte vom Fluch, der über der Familie der Labdakiden liegt. Im Comedy-Stil spielen sich Lisa Hrdina (DT) und Jonas Sippel (RambaZamba) die Bälle zu, witzeln über den Ödipus-Komplex und Dr. Freud und bereiten schließlich die Bühne für den ersten Auftritt von Zora Schemm als Antigone.

Schon dieser Prolog macht deutlich, worum es diesem Abend geht: Die beiden Häuser wollen sich auf Augenhöhe begegnen. Die Spieler*innen mit Behinderung sind nie nur Anhängsel, sondern übernehmen tragende Rollen innerhalb des konfliktreichen Dramas [...]

Dieses inklusive Prinzip gilt auch für die beiden Hauptfiguren: Zora Schemm (RambaZamba) als Antigone versus Manuel Harder (DT) als Kreon. Kreon legt seinen Part als vor Zornesröte glühenden Machtmenschen an. [...] Ihm steht Zora Schemm im signalroten Kleid gegenüber, die sich bei ihrem letzten Monolog mit noch mehr roter Farbe übergießt und nach einem einsamen Tanz zu Boden sinkt.
Lilja Rupprecht, die zuletzt am RambaZamba Theater "Die Frauen vom Meer" inszeniert hat, schaltet der klassischen Tragödie jedoch ein kleines Satyr-Spiel vor und rahmt ihren knapp anderthalbstündigen Abend mit Freddie Mercury-Songs.

"Another One Bites the dust" schallt es prophetisch aus den Boxen, während das Publikum den Saal betritt. Zwei düstere Gestalten mit schwarzen Vogel-Kostümen ziehen ihre Runden hinter einem Wald aus weißen Vorhangschnüren, schieben sie schließlich zur Seite und erzählen uns als Vorgeschichte vom Fluch, der über der Familie der Labdakiden liegt. Im Comedy-Stil spielen sich Lisa Hrdina (DT) und Jonas Sippel (RambaZamba) die Bälle zu, witzeln über den Ödipus-Komplex und Dr. Freud und bereiten schließlich die Bühne für den ersten Auftritt von Zora Schemm als Antigone.

Schon dieser Prolog macht deutlich, worum es diesem Abend geht: Die beiden Häuser wollen sich auf Augenhöhe begegnen. Die Spieler*innen mit Behinderung sind nie nur Anhängsel, sondern übernehmen tragende Rollen innerhalb des konfliktreichen Dramas [...]

Dieses inklusive Prinzip gilt auch für die beiden Hauptfiguren: Zora Schemm (RambaZamba) als Antigone versus Manuel Harder (DT) als Kreon. Kreon legt seinen Part als vor Zornesröte glühenden Machtmenschen an. [...] Ihm steht Zora Schemm im signalroten Kleid gegenüber, die sich bei ihrem letzten Monolog mit noch mehr roter Farbe übergießt und nach einem einsamen Tanz zu Boden sinkt.
Kulturradio vom rbb
Barbara Behrendt, 14.01.2019
Gespielt wird die Übersetzung von Walter Jens – eine klare, schnörkellose Übertragung, die trotzdem den hohen Tragödienton wahrt. Der Unterschied zu Sophokles besteht in den einleitenden 15 Minuten des Abends. Da flattern Lisa Hrdina vom DT und Jonas Sippel von RambaZamba als Krähen, als Todesvögel mit schwarzen Schnabelmasken am Bühnenrand hin und her und erzählen durchaus unterhaltsam aus der Vorgeschichte Antigones [...]

Beim RambaZamba Theater treten Schauspieler mit und ohne Behinderung auf, hinzu kommen bei dieser Produktion die Schauspieler des Deutschen Theaters und die Laien vom Bürgerchor – eine ganz eigene Mischung. Für den Chor hat Lilja Rupprecht eine diverse Besetzung gewählt, eine alte Frau ist dabei, ein junger Mann, eine Frau mit asiatischen Wurzeln, eine mit vermutlich südamerikanischen – so soll wohl unsere heterogene Gesellschaft abgebildet werden.

Die Hauptrollen hat sie jedoch so besetzt, dass sich zwei Welten gegenüberstehen. Kreon, der auf die Staatsräson pocht, wird von Manuel Harder vom DT gespielt. Zora Schemm, eine der großen Protagonistinnen bei RambaZamba, gibt Antigone, die angstfreie Rebellin, die aus Schwesternliebe handelt. Schemm ist eine Erscheinung: Während alle Spieler in schwarz-weiß gehüllt sind, trägt nur ihre Antigone ein blutrotes Kleid; zusammen mit Schemms spiegelblanker Glatze, ihrem gestochen scharfen, harten, langsamen Tonfall und ihrem aufrechten Gang wirkt sie von voneherein wie eine entrückte Heldin, eine Außenseiterin par excellence. Ins gegenteilige Extrem treibt Manuel Harder seinen Kreon. Mit zurückgelegtem Haar und arrogantem Tonfall wirkt er von vorneherein wie ein machtbesessener Zyniker, dem alle Mittel Recht sind, die Herrschaft zu verteidigen. Seinen Nichten, auch seinem Sohn gegenüber zeigt er nichts als Wut und Hass.

Diese schwarz-weiße Figurenzeichnung spiegelt sich im Bühnenbild. Eine schwarze Plane bedeckt den Boden und setzt sich am hinteren Bühnenrand zur Decke fort. Durchzogen ist sie von weißen Streifen, die in den seitlichen weißen Fadenvorhängen wiederkehren – dahinter sitzen jene Spieler, die gerade nicht am Zug sind.

Alle, bis auf die rote Antigone, tragen schwarze Kleider, die sich zum Boden hin ins Grau bis ins trahlende Weiß abstufen.
Gespielt wird die Übersetzung von Walter Jens – eine klare, schnörkellose Übertragung, die trotzdem den hohen Tragödienton wahrt. Der Unterschied zu Sophokles besteht in den einleitenden 15 Minuten des Abends. Da flattern Lisa Hrdina vom DT und Jonas Sippel von RambaZamba als Krähen, als Todesvögel mit schwarzen Schnabelmasken am Bühnenrand hin und her und erzählen durchaus unterhaltsam aus der Vorgeschichte Antigones [...]

Beim RambaZamba Theater treten Schauspieler mit und ohne Behinderung auf, hinzu kommen bei dieser Produktion die Schauspieler des Deutschen Theaters und die Laien vom Bürgerchor – eine ganz eigene Mischung. Für den Chor hat Lilja Rupprecht eine diverse Besetzung gewählt, eine alte Frau ist dabei, ein junger Mann, eine Frau mit asiatischen Wurzeln, eine mit vermutlich südamerikanischen – so soll wohl unsere heterogene Gesellschaft abgebildet werden.

Die Hauptrollen hat sie jedoch so besetzt, dass sich zwei Welten gegenüberstehen. Kreon, der auf die Staatsräson pocht, wird von Manuel Harder vom DT gespielt. Zora Schemm, eine der großen Protagonistinnen bei RambaZamba, gibt Antigone, die angstfreie Rebellin, die aus Schwesternliebe handelt. Schemm ist eine Erscheinung: Während alle Spieler in schwarz-weiß gehüllt sind, trägt nur ihre Antigone ein blutrotes Kleid; zusammen mit Schemms spiegelblanker Glatze, ihrem gestochen scharfen, harten, langsamen Tonfall und ihrem aufrechten Gang wirkt sie von voneherein wie eine entrückte Heldin, eine Außenseiterin par excellence. Ins gegenteilige Extrem treibt Manuel Harder seinen Kreon. Mit zurückgelegtem Haar und arrogantem Tonfall wirkt er von vorneherein wie ein machtbesessener Zyniker, dem alle Mittel Recht sind, die Herrschaft zu verteidigen. Seinen Nichten, auch seinem Sohn gegenüber zeigt er nichts als Wut und Hass.

Diese schwarz-weiße Figurenzeichnung spiegelt sich im Bühnenbild. Eine schwarze Plane bedeckt den Boden und setzt sich am hinteren Bühnenrand zur Decke fort. Durchzogen ist sie von weißen Streifen, die in den seitlichen weißen Fadenvorhängen wiederkehren – dahinter sitzen jene Spieler, die gerade nicht am Zug sind.

Alle, bis auf die rote Antigone, tragen schwarze Kleider, die sich zum Boden hin ins Grau bis ins trahlende Weiß abstufen.
Berliner Morgenpost
Georg Kasch, 15.01.2019
Diesmal müsste das Stück "Kreon" heißen: Wie eine Raubkatze tigert Manuel Harder über die Bühne, fixiert sein Gegenüber, packt es zärtlich mit seinen Pranken, legt sanft seine Stirn an dessen Kopf. Nur um ihn im nächsten Moment mit Worten zu vernichten. Ein halber Gott ist dieser König zwischen hellwachem Instinktkerl und müdem Rockstar, einer, der im Vollbesitz seiner körperlichen und geistigen Kräfte nach vorn rast – und dabei die Wand nicht beachtet, an der er zerschellen wird. [...]

Regisseurin Lilja Rupprecht setzt in ihrer 100-Minuten-Version in der Box des Deutschen Theaters zunächst auf Leichtigkeit: Vor dem Vorhang aus weißen Schnüren plaudern sich Lisa Hrdina und Jonas Sippel als mythische Wesen durch die Vorgeschichte rund um König Ödipus [...] Dann kommt auf der kleinen Bühne, dessen weiße Linien auf schwarzem Grund sich nach hinten verjüngen und an der Wand nach oben ziehen, der Chor hinzu, echte Bürger mit ordentlich Sprachwumms. Aus dessen Mitte löst sich Kreon, der erstmal ziemlich volksnah wirkt. Aber schon dem Boten bleckt sein Zorn entgegen.

"Antigone" ist eine Koproduktion mit dem inklusiven RambaZamba Theater. Mit Zora Schemm im roten Kleid steht Kreon eine Antigone gegenüber, die ihm rhetorisch unterlegen ist. Aber wie sie ausharrt, als könne sie nicht anders, mit ihrem entwaffnend kritischen Blick, wie sie schwer, unerbittlich die Worte hinstanzt, scheint eine Widerständlerin auf, die das ewige Recht auf ihrer Seite weiß. Ihrem erdigen Rhythmus setzt Juliana Götze als mädchenhafte Ismene einen flatternden entgegen. Das ist ebenso sinnfällig wie der jugendliche Trotzfuror des Haimon von Aaron Smith.
Diesmal müsste das Stück "Kreon" heißen: Wie eine Raubkatze tigert Manuel Harder über die Bühne, fixiert sein Gegenüber, packt es zärtlich mit seinen Pranken, legt sanft seine Stirn an dessen Kopf. Nur um ihn im nächsten Moment mit Worten zu vernichten. Ein halber Gott ist dieser König zwischen hellwachem Instinktkerl und müdem Rockstar, einer, der im Vollbesitz seiner körperlichen und geistigen Kräfte nach vorn rast – und dabei die Wand nicht beachtet, an der er zerschellen wird. [...]

Regisseurin Lilja Rupprecht setzt in ihrer 100-Minuten-Version in der Box des Deutschen Theaters zunächst auf Leichtigkeit: Vor dem Vorhang aus weißen Schnüren plaudern sich Lisa Hrdina und Jonas Sippel als mythische Wesen durch die Vorgeschichte rund um König Ödipus [...] Dann kommt auf der kleinen Bühne, dessen weiße Linien auf schwarzem Grund sich nach hinten verjüngen und an der Wand nach oben ziehen, der Chor hinzu, echte Bürger mit ordentlich Sprachwumms. Aus dessen Mitte löst sich Kreon, der erstmal ziemlich volksnah wirkt. Aber schon dem Boten bleckt sein Zorn entgegen.

"Antigone" ist eine Koproduktion mit dem inklusiven RambaZamba Theater. Mit Zora Schemm im roten Kleid steht Kreon eine Antigone gegenüber, die ihm rhetorisch unterlegen ist. Aber wie sie ausharrt, als könne sie nicht anders, mit ihrem entwaffnend kritischen Blick, wie sie schwer, unerbittlich die Worte hinstanzt, scheint eine Widerständlerin auf, die das ewige Recht auf ihrer Seite weiß. Ihrem erdigen Rhythmus setzt Juliana Götze als mädchenhafte Ismene einen flatternden entgegen. Das ist ebenso sinnfällig wie der jugendliche Trotzfuror des Haimon von Aaron Smith.
junge Welt
Kai Köhler, 16.01.2019
Am Deutschen Theater (DT) war eine Inszenierung Lilja Rupprechts zu sehen, eine Koproduktion mit dem inklusiven Theater RambaZamba, in dem Schauspieler mit und ohne Behinderung gemeinsam Stücke aufführen. Der Raum ist durch schwarze und weiße Linien streng gegliedert; im Verlauf des Stückes brechen Theaterblut und Sand (Beerdigungsversuche) diese Ordnung auf. Als deren Vertreter beherrscht Kreon anfangs die Szene. Manuel Harder gibt ihn locker, überlegen, fast spielerisch – bis ihn die Konsequenz der eigenen Sache überwältigt und er fanatisiert den Bezug auf politisch Kluge verliert. [...]

Die Inszenierung hat ihre Stärken im Arrangement des Chors, der kommentiert und handelt. In dem kleinen Raum der Box des DT kommt auch die physische Präsenz der Darsteller zu Geltung.
Am Deutschen Theater (DT) war eine Inszenierung Lilja Rupprechts zu sehen, eine Koproduktion mit dem inklusiven Theater RambaZamba, in dem Schauspieler mit und ohne Behinderung gemeinsam Stücke aufführen. Der Raum ist durch schwarze und weiße Linien streng gegliedert; im Verlauf des Stückes brechen Theaterblut und Sand (Beerdigungsversuche) diese Ordnung auf. Als deren Vertreter beherrscht Kreon anfangs die Szene. Manuel Harder gibt ihn locker, überlegen, fast spielerisch – bis ihn die Konsequenz der eigenen Sache überwältigt und er fanatisiert den Bezug auf politisch Kluge verliert. [...]

Die Inszenierung hat ihre Stärken im Arrangement des Chors, der kommentiert und handelt. In dem kleinen Raum der Box des DT kommt auch die physische Präsenz der Darsteller zu Geltung.

Außerdem im Spielplan

Mit englischen Übertiteln
von Rainald Goetz
Regie: Claudia Bossard
DT Kontext: Im Anschluss an die Vorstellung Vortrag und Gespräch mit Rainald Goetz
DT Bühne
19.30 - 21.50
Wiederaufnahme
Mit englischen Übertiteln

Forever Yin Forever Young

Die Welt des Funny van Dannen
Regie: Tom Kühnel und Jürgen Kuttner
Kammer
20.00 - 22.40