
Ergänzend zu Ihrem Vorstellungsbesuch von Werther nach Johann Wolfgang von Goethe, szenischer Text: Jarosław Murawski, in der Regie von Ewelina Marciniak erhalten Sie hier weiteres (digitales) Bonusmaterial.

Trailer Werther
Stückeinführung zu Werther
von John von Düffel

Beitrag aus die junge bühne
Interview mit Regine Zimmermann und Marcel Kohler zu Werther
Drei Fragen an Ewelina Marciniak, Regisseurin von Werther
Für Ihre erste Inszenierung an den Kammerspielen haben Sie sich einen der Klassiker der Liebesliteratur ausgesucht. Was hat Sie beim Wiederlesen von Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Werther am meisten gereizt? Und erinnern Sie sich noch an Ihre erste Lektüre?
Ich habe das Buch zum ersten Mal in der Schule gelesen – auch in Polen ist es Schullektüre. Damals war es für mich mehr eine übertriebene Pose der Liebe als eine Liebesgeschichte, sehr befremdlich. Beim Wiederlesen habe ich hinter dem Offensichtlichen vor allem eine Beschreibung von Leere gesehen. Das betrifft nicht nur die Hauptfigur Werther, sondern auch Lotte und ihren Verlobten Albert. In der Vorbereitung für die Inszenierung bin ich davon ausgegangen, dass wir es mit einer Geschichte zu tun haben, die alle kennen. Zu dieser kehren wir zurück – mit dem Wissen, dass es sich um die Geschichte eines Selbstmörders handelt –, um uns seine Erfahrungen nochmal anzuschauen, aus seiner Perspektive. Die Klischees von ihm als tragischer Ikone und von Lotte als frivolem Objekt schwärmerischen Begehrens versuche ich zu dekonstruieren.
Der Bühnentext ist von Ihrem Dramaturgen und Autor Jaroslaw Murawski, der auf Grundlage des Goethe-Originals ein neues Stück geschrieben hat. Wovon sind sie ausgegangen, was ist anders, was ist geblieben?
Uns war von Anfang an klar, dass wir die Geschichte aus einer Hauptfigur heraus erzählen wollen, die mit einer Besessenheit in die Räume zwischenmenschlicher Beziehungen eindringt. Es ging uns nicht in erster Linie um die Kritik an der heutigen Gesellschaft, sondern um Werther als Provokation. Sein Blick und sein Verhalten bewegen sich außerhalb der Norm. Dem Thema Liebe sind wir in der Bearbeitung wie im Original mit einer großen Naivität begegnet. Ähnlich wie Werther haben wir uns für eine exhibitionistische Ehrlichkeit entschieden.
Was ist mit den "Leiden" der Lotte in dieser Geschichte?
Lotte ist für Werther nicht greifbar und auch für ihren Verlobten Albert nicht, obwohl er eine Beziehung mit ihr hat. Lotte und Werther finden nach unserer Lesart in längst vergessenen Empfindsamkeitssystemen Erleichterung und Vergessen. Ihre Wiederbegegnungen sind in unserer Version voller Verspieltheit, Leichtigkeit und lustvollem Re-Enactment. Werther versucht sich irgendwo zwischen Herz und Verstand, Anspruch und Wirklichkeit hindurch zu lavieren. Er sucht den Spalt und lässt sich treiben. Schritt für Schritt beobachten wir seinen Fall, seine zunehmende Isolation und Einsamkeit. Für Lotte wird Werthers Niederlage allerdings zum Befreiungsschlag. Sie kann sich neu denken – in der Befreiung von Werther, Albert, und auch Goethe. Die Frage, die uns dabei geleitet hat, lautet: Auf wen würde Lotte schießen, hätte sie Werthers Waffe zur Hand?
Das vollständige Gespräch finden Sie im Programmheft von Werther.
Ich habe das Buch zum ersten Mal in der Schule gelesen – auch in Polen ist es Schullektüre. Damals war es für mich mehr eine übertriebene Pose der Liebe als eine Liebesgeschichte, sehr befremdlich. Beim Wiederlesen habe ich hinter dem Offensichtlichen vor allem eine Beschreibung von Leere gesehen. Das betrifft nicht nur die Hauptfigur Werther, sondern auch Lotte und ihren Verlobten Albert. In der Vorbereitung für die Inszenierung bin ich davon ausgegangen, dass wir es mit einer Geschichte zu tun haben, die alle kennen. Zu dieser kehren wir zurück – mit dem Wissen, dass es sich um die Geschichte eines Selbstmörders handelt –, um uns seine Erfahrungen nochmal anzuschauen, aus seiner Perspektive. Die Klischees von ihm als tragischer Ikone und von Lotte als frivolem Objekt schwärmerischen Begehrens versuche ich zu dekonstruieren.
Der Bühnentext ist von Ihrem Dramaturgen und Autor Jaroslaw Murawski, der auf Grundlage des Goethe-Originals ein neues Stück geschrieben hat. Wovon sind sie ausgegangen, was ist anders, was ist geblieben?
Uns war von Anfang an klar, dass wir die Geschichte aus einer Hauptfigur heraus erzählen wollen, die mit einer Besessenheit in die Räume zwischenmenschlicher Beziehungen eindringt. Es ging uns nicht in erster Linie um die Kritik an der heutigen Gesellschaft, sondern um Werther als Provokation. Sein Blick und sein Verhalten bewegen sich außerhalb der Norm. Dem Thema Liebe sind wir in der Bearbeitung wie im Original mit einer großen Naivität begegnet. Ähnlich wie Werther haben wir uns für eine exhibitionistische Ehrlichkeit entschieden.
Was ist mit den "Leiden" der Lotte in dieser Geschichte?
Lotte ist für Werther nicht greifbar und auch für ihren Verlobten Albert nicht, obwohl er eine Beziehung mit ihr hat. Lotte und Werther finden nach unserer Lesart in längst vergessenen Empfindsamkeitssystemen Erleichterung und Vergessen. Ihre Wiederbegegnungen sind in unserer Version voller Verspieltheit, Leichtigkeit und lustvollem Re-Enactment. Werther versucht sich irgendwo zwischen Herz und Verstand, Anspruch und Wirklichkeit hindurch zu lavieren. Er sucht den Spalt und lässt sich treiben. Schritt für Schritt beobachten wir seinen Fall, seine zunehmende Isolation und Einsamkeit. Für Lotte wird Werthers Niederlage allerdings zum Befreiungsschlag. Sie kann sich neu denken – in der Befreiung von Werther, Albert, und auch Goethe. Die Frage, die uns dabei geleitet hat, lautet: Auf wen würde Lotte schießen, hätte sie Werthers Waffe zur Hand?
Das vollständige Gespräch finden Sie im Programmheft von Werther.