

Stückeinführung
von Dramaturg John von Düffel

Drei Fragen an Jossi Wieler zu Starker Wind
Lieber Jossi, mit Starker Wind inszenierst du nach Zdenek Adamec zum zweiten Mal am DT und bringst erneut eine deutschsprachige Erstaufführung auf die Bühne. Was reizt dich daran? Und was ist das Reizvolle an Jon Fosse und seinem neuen Text?
Ich mag Theatertexte, die sich einem nicht gleich erschließen und nach einer eigenen szenischen Lesart verlangen. Texte mit einer Unterströmung, die unsere Welt und Wirklichkeit nicht abbilden, sondern eine Tiefenschicht freilegen, die ohne theatrale Umsetzung vielleicht im Verborgenen bliebe. Jon Fosse ist ein Meister der Zwischenräume und der sich verschiebenden Perspektiven und Bedeutungen. Sein beschwörender Minimalismus in der Sprache hat einen ganz besonderen Sog, wie ich unter anderem seit meiner Inszenierung von seinem Stück Winter seinerzeit am Schauspielhaus Zürich weiß.
Jon Fosse behandelt eine zweifache Rückkehr: die seines Protagonisten und die eigene als Theaterautor. Was hat es mit diesem Motiv des Zurückkommens auf sich?
Es ist sogar eine dreifache Rückkehr – nämlich auch die der Schauspieler:innen und Zuschauer:innen ins Theater. Aus meiner Sicht ist „Rückkehr“ das Motiv der Stunde: der Versuch einer Wiederanknüpfung an etwas Gewesenes, das sich in der Zwischenzeit verändert oder auch verloren hat. Wie passen Vergangenheit und Gegenwart zusammen, in welcher Kontinuität und Gewissheit lassen sich unsere Biographien noch erzählen? Oder zerrinnt uns die Wirklichkeit und darüber auch der Glaube an eine Zukunft? – Ich meine, auch darin liegt die Kraft von Fosses Rückkehr aufs Theater.
Im Text kehrt ein Mann, der viel verreist war, zurück nach Hause zu seiner Frau – doch weder ist es so ganz seine Wohnung noch gehört „seine“ Frau ihm. Sie lebt dort mit einem anderen, einem jungen Mann zusammen. Ist das Ganze nicht letztlich ein großer Monolog von einem, der seinen Platz im Leben verloren hat?
Sicher ist der Text auch eine Art innerer Monolog. Doch als Theaterereignis findet er im Spannungsfeld von drei Personen statt. Dem „Mann“, der von Bernd Moss gespielt wird, sind mit Maren Eggert als „Frau“ und Max Simonischek als „Junger Mann“ starke Schauspielerpersönlichkeiten gegenübergestellt, die mit ihren Figuren dem „Szenischen Gedicht“ eine ganz eigene Dynamik verleihen. Starker Wind erzählt die Geschichte eines Verschwindens, aber eben nicht linear, sondern mit vielen Brüchen, ironischen Wendungen oder Schleifen und manchmal auch mit einer Beckett‘schen Komik der Verzweiflung. In der Konstellation dieser drei Figuren entstehen tragikomische Welten und Gegenwelten, wie dies nur mit der Leichtigkeit eines wunderbar aufeinander eingespielten Ensembles möglich ist.
Ich mag Theatertexte, die sich einem nicht gleich erschließen und nach einer eigenen szenischen Lesart verlangen. Texte mit einer Unterströmung, die unsere Welt und Wirklichkeit nicht abbilden, sondern eine Tiefenschicht freilegen, die ohne theatrale Umsetzung vielleicht im Verborgenen bliebe. Jon Fosse ist ein Meister der Zwischenräume und der sich verschiebenden Perspektiven und Bedeutungen. Sein beschwörender Minimalismus in der Sprache hat einen ganz besonderen Sog, wie ich unter anderem seit meiner Inszenierung von seinem Stück Winter seinerzeit am Schauspielhaus Zürich weiß.
Jon Fosse behandelt eine zweifache Rückkehr: die seines Protagonisten und die eigene als Theaterautor. Was hat es mit diesem Motiv des Zurückkommens auf sich?
Es ist sogar eine dreifache Rückkehr – nämlich auch die der Schauspieler:innen und Zuschauer:innen ins Theater. Aus meiner Sicht ist „Rückkehr“ das Motiv der Stunde: der Versuch einer Wiederanknüpfung an etwas Gewesenes, das sich in der Zwischenzeit verändert oder auch verloren hat. Wie passen Vergangenheit und Gegenwart zusammen, in welcher Kontinuität und Gewissheit lassen sich unsere Biographien noch erzählen? Oder zerrinnt uns die Wirklichkeit und darüber auch der Glaube an eine Zukunft? – Ich meine, auch darin liegt die Kraft von Fosses Rückkehr aufs Theater.
Im Text kehrt ein Mann, der viel verreist war, zurück nach Hause zu seiner Frau – doch weder ist es so ganz seine Wohnung noch gehört „seine“ Frau ihm. Sie lebt dort mit einem anderen, einem jungen Mann zusammen. Ist das Ganze nicht letztlich ein großer Monolog von einem, der seinen Platz im Leben verloren hat?
Sicher ist der Text auch eine Art innerer Monolog. Doch als Theaterereignis findet er im Spannungsfeld von drei Personen statt. Dem „Mann“, der von Bernd Moss gespielt wird, sind mit Maren Eggert als „Frau“ und Max Simonischek als „Junger Mann“ starke Schauspielerpersönlichkeiten gegenübergestellt, die mit ihren Figuren dem „Szenischen Gedicht“ eine ganz eigene Dynamik verleihen. Starker Wind erzählt die Geschichte eines Verschwindens, aber eben nicht linear, sondern mit vielen Brüchen, ironischen Wendungen oder Schleifen und manchmal auch mit einer Beckett‘schen Komik der Verzweiflung. In der Konstellation dieser drei Figuren entstehen tragikomische Welten und Gegenwelten, wie dies nur mit der Leichtigkeit eines wunderbar aufeinander eingespielten Ensembles möglich ist.